Tekunos-Büchlein: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Takkanot''', jiddische Aussprache ''Tekunos'', ist der hebräische Begriff für ''Vorschriften''.
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|Buchtitel=Takkanot
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|Genre=Religiöse Schriften
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|Erscheinungsjahr=1754
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__NOTOC__
'''Takkanot''' (תקנות), jiddische Aussprache ''Tekunos'', ist der hebräische Begriff für ''Vorschriften''.


Solche Vorschriften erließ [[1728]] die demokratische bestellte "Vorsteherschaft" der [[Fiorda| Jüdischen Gemeinde]] Fürth.
Solche Vorschriften erließ [[1728]] die demokratische bestellte "Vorsteherschaft" der [[Fiorda| Jüdischen Gemeinde]] Fürth.</br>
1754 veröffentlichte der protestantische Theologe Andreas Würfel (1718–1769) aus Nürnberg sein Werk "Historische Nachricht von der Juden-Gemeinde in dem Hofmark Fürth". Der zweite Teil des Buches enthält das sogenannte Tekunnos Büchlein der Fürther Juden. Laut Würfel geht seine deutsche Übersetzung dieser Kleider- und Luxusordnung auf ein 1728 auf Jiddisch gedrucktes Büchlein zurück, von dem allerdings kein Exemplar überliefert ist<ref>Eine Abschrift des '''Tekunos-Büchlein''' (''Tekunoth-Büchlein'') von 1754 ist noch erhalten, das Original von 1728 gilt als verschollen.
  </ref>. Die Veröffentlichung weist Parallelen zu der von Johann Jacob Schudt herausgegebenen Kleider- und Luxusordnung der jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main von 1716 auf<ref>Siehe Cornelia Aust: ''Essay zu Jüdische Kleiderordnungen: Die visuelle Ordnung der frühneuzeitlichen Gesellschaft'', darin: "Die Diskussion um Kleidung und Luxus", [https://wiki.ieg-mainz.de/konjunkturen/index.php?title=Essay_zu_J%C3%BCdische_Kleiderordnungen:_Die_visuelle_Ordnung_der_fr%C3%BChneuzeitlichen_Gesellschaft online]</ref>. Diese Analogien legen den Schluss nahe, dass Wurzeln der Urheberschaft bei [[Tsevi Hirsch Kaydanover]] liegen. 


Es regelte die häuslichen Feste (Hochzeiten, Beschneidung), die Bekleidung und den Umgang miteinander im Leben der Jüdischen Gemeinde und des Einzelnen. Auch den Umgang der Juden zu den nichtjüdischen Fürther war damit bedacht.
Das Tekunos-Büchlein regelte die häuslichen Feste (Hochzeiten, Beschneidung), die Bekleidung<ref>Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth unterhalb Nürnberg : in zween Theilen ; sammt Übersetzung und Erläuterung ihres Tekunnos-Büchleins". Frankfurt; Prag, 1754, "Kleyder-Ordnungen" ab Seite 147</ref> und den Umgang miteinander im Leben der Jüdischen Gemeinde und des Einzelnen. Auch der Umgang der Juden mit den nicht-jüdischen Fürther war darin geregelt.</br>


Sie sollten den übermäßigen Luxus eindämmen, Vermögen sollte nicht zur Schau gestellt werden, und machten den hohen Lebensstandard der Fürther Juden deutlich. Aus ihnen entwickelt sich die sprichwörtliche ''"Fürther Bescheidenheit"''.
"Die Regelungen selbst präsentieren ein typisches Beispiel für eine ausführliche jüdische Kleiderordnung aus dem deutschsprachigen Raum, die vor allem an Frauen gerichtet ist und soziale Unterscheidungen hervorhebt. Bestimmte Stoffe sind grundsätzlich verboten, andere nur bestimmten Gemeindemitgliedern oder zu Anlässen wie Beschneidung oder Hochzeit gestattet. Außerdem wird zum Teil nach Familienstand unterschieden. Für Ledige gelten andere Regeln als für Verheiratete. Auch in der Fürther Kleiderordnung sind Frauen besonders häufig Ziel der detaillierten Vorschriften.


Da am Anfang nur reichbegüterte Juden in Fürth wohnen durften, wurden die Juden in Fürth von ihren jüdischen Glaubensgenossen "Fürther Judenadel" genannt. Aber da die reichbegüterten Juden für ihre ärmeren Glaubensgenossen das Schutzgeld an die Herrschaft zahlten, konnten sich auch andere Juden ansiedeln. Um die Standesunterschiede nicht zur Schau stellen zu lassen, wurden diese Vorschriften erlassen.
Interessant ist die Erwähnung der Perücke für Männer in Paragraph 7, der festlegt, dass Männer die mit einer Perücke in die Synagoge gehen, diese nicht pudern lassen dürfen. Es scheint als habe sich die Mode Perücken zu tragen längst durchgesetzt, so dass nur das zusätzliche Pudern beim Synagogengang verboten ist. Andererseits erwähnt die Ordnung weiterhin die typischen Krägen der deutsch-jüdischen Tracht, die sich auf Abbildungen das ganze 18. Jahrhundert hindurch häufig finden und hier offenbar vor allem von den Studierenden in der bekannten Fürther Jeschiwa, einer Talmudschule, getragen wurden."<ref>Siehe Cornelia Aust: ''Essay zu Jüdische Kleiderordnungen: Die visuelle Ordnung der frühneuzeitlichen Gesellschaft'', darin: "Die Diskussion um Kleidung und Luxus", [https://wiki.ieg-mainz.de/konjunkturen/index.php?title=Essay_zu_J%C3%BCdische_Kleiderordnungen:_Die_visuelle_Ordnung_der_fr%C3%BChneuzeitlichen_Gesellschaft online]</ref>.  


Wer es nicht beachtete, mußte schwere Geldbußen an die Almosenkasse der Jüdischen Gemeinde zahlen.
Die Intention der Regelungen war den übermäßigen Luxus einzudämmen und Vermögen nicht zur Schau zustellen. Dies machte vice versa den hohen Lebensstandard der Fürther Juden deutlich. Aus ihnen entwickelt sich die sprichwörtliche ''"Fürther Bescheidenheit"''.


Ein Abschrift des '''Tekunos-Büchlein''' (''Tekunoth-Büchlein'') von [[1754]] ist noch erhalten, das Originale von 1728 gilt als verschollen.  
Da am Anfang nur reich begüterte Juden in Fürth wohnen durften, wurden die Juden in Fürth von ihren jüdischen Glaubensgenossen "Fürther Judenadel" genannt. Aber da die reich begüterten Juden für ihre ärmeren Glaubensgenossen das Schutzgeld an die Herrschaft zahlten, konnten sich auch andere Juden ansiedeln. Um die Standesunterschiede nicht zur Schau zu stellen, wurden diese Vorschriften erlassen. Wer sie nicht beachtete, musste Geldbußen an die Almosenkasse der Jüdischen Gemeinde zahlen.


== Literatur ==
Anders als im Tekunos-Büchlein aus Fürth, finden sich in den Statuten der Fürther jüdischen Gemeinde von 1770 sieben Paragraphen zu Kleidung<ref>Die Fürther Statuten sind editiert bei: LITT, Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650–1850, S. 132–273. Die Kleidungsvorschriften finden sich auf S. 265f</ref>. Der einleitende Paragraph tadelt mit ganz ähnlichen Referenzen, wie schon [[Tsevi Hirsch Kaydanover|Kaidanover]] über sechs Jahrzehnte früher, vor allem den Stolz der Frauen, der in ihrer Kleiderpracht zum Ausdruck käme.


* Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth unterhalb Nürnberg : in zween Theilen ; sammt Übersetzung und Erläuterung ihres Tekunnos-Büchleins / [Andreas Würfel]. Frankfurt; Prag, 1754, 170 S. - Teilw. in hebr. Schrift. Digitalisiertes Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10521420-9 im Netz]
==Überwachung und Durchführung der Vorschriften (תקנות)==
Die Aufsicht unterlag dem "Jüdischen Rat". Aus dessen Mitte wurden 12 Parnoßim (פרנסים) bestimmt, von denen der jeweilige "Monatsparnaß" als regierender Bürgermeister angesehen wurde. Dieses Kollegium konnte alles nach seinem Willen einrichten<ref>L. Horwitz: "Das Kartenspiel in den Fürther תקנות", in: [[wikipedia:Der Israelit|Der Israelit]] vom 25. Januar 1934</ref> In dieses Gremium mussten auch drei Ansbachische Juden gewählt werden. Alle drei Jahre bestimmte der Rabbiner die neuen Gemeindemitglieder nach ihrer Eignung bezüglich der religionsgesetzlichen Vorschriften. Die Gewählten hatten ihm dafür 100 Gulden zu bezahlen. Allerdings hatte der Monatsparnaß auch entsprechende Möglichkeiten, Einkünfte zu erzielen<ref>L. Horwitz, ebenda.</ref>.
[[Datei:Kartenspiel, Tekunot, Der Israelit, 25. Januar 1934.png|mini|right|Kartenspiel in Tekunot]]
====Kartenspiel====
Zu den besten Einnahmemöglichkeiten des Monatsparnaß gehörte das sog. Kartengeld. Prinzipiell war das Kartenspiel in früherer Zeit den Juden verboten und mit der Strafe des Bannes belegt<ref>L. Horwitz, ebenda.</ref>. Sämtliche Ausnahmeregelungen waren mit Entgelt zu erlangen, üblicherweise mit 18 Kreuzer. So z.B. um dem Bräutigam in der Hochzeitswoche in seinem Haus die Langeweile zu vertreiben, weil Braut und Bräutigam in dieser Zeit nicht zusammen gehen durften, konnte er von dem Verbot befreit werden<ref>L. Horwitz, ebenda.</ref>. Nach der Geburt eines Kindes konnte der Ehegatte sechs Wochen Kartenspielerlaubnis erhalten. Kranke durften sich mit Kartenspiel die Zeit vertreiben und einem Gast bereitete man auch gerne damit Vergnügen. Die Erlaubnis war jeweils vom Monatsparnaß einzuholen<ref>L. Horwitz, ebenda.</ref>.


==Querverweise==
== Literatur ==
* Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth unterhalb Nürnberg : in zween Theilen ; sammt Übersetzung und Erläuterung ihres Tekunnos-Büchleins". Frankfurt; Prag, 1754, 170 S. - Teilw. in hebr. Schrift. Digitalisiertes Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10521420-9 online]</br>
:Das [https://www.google.de/books/edition/Historische_Nachricht_von_der_Judengemei/Yp0UAAAAYAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Tekunos+b%C3%BCchlein+Andreas+W%C3%BCrfel&pg=PA107&printsec=frontcover Tekunos-Büchlein] bildet den 2. Teil, ab Seite 107
* [[Hugo Barbeck]]: Beschreibung einiger Vorschriften aus dem Tekunnosbüchlein von 1728: [https://bildsuche.digitale-sammlungen.de/index.html?c=viewer&bandnummer=bsb00010495&pimage=94&v=150&nav=&l=de Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth], Seite 84 - 87


* [[Fiorda]]  
==Siehe auch==
* [[Tsevi Hirsch Kaydanover]]
* [[Jüdisches Museum Franken]]
* [[Jüdisches Museum Franken]]
* [[Fiorda]]
* [[Synagoge]]
* [[Synagoge]]
* [[Wiener Memorbuch]]
* [[Wiener Memorbuch]]


==Netzverweis==
==Weblinks==
* [http://www.jewiki.net/index.php?title=Taqqanot Taqqanot / Jewiki]
* Tsevi Hirsch Kaydanover: ''Kav ha-yashar'' (ספר קב הישר = „ein ehrlicher Teil“)<ref>Der Titel bedeutet zwar „ein ehrlicher Teil“, aber die Buchstaben des ersten Wortes entsprechen der Zahl 102, die die Anzahl der Kapitel im Buch und der Zahlenwert von Tsevi, seinem Vornamen, ist; der Zahlenwert des zweiten Wortes entspricht dem seines zweiten Namens, Hirsch)</ref> [https://wiki.ieg-mainz.de/konjunkturen/index.php?title=Rabbi_Tzvi_Hirsch_Kaidanover:_Kav_Ha-Jaschar ''Kleyder-Ordnungen'']
* Tsevi Hirsch Kaydanover: [https://wiki.ieg-mainz.de/konjunkturen/index.php?title=Die_Kleiderordnung_der_j%C3%BCdischen_Gemeinde_in_F%C3%BCrth_1754_(1728) weitere Verfügungen zu Kleiderordnung in Fürth]
* Christoph Daxelmüller: "Holekreisch und Hamanklopfen - jüdisches Brauchtum in Franken" [http://frankenland.franconica.uni-wuerzburg.de/login/data/1988_250.pdf online]
* Friedrich Battenberg: "''Das Reichskammergericht und die Juden des Heiligen Römischen Reiches - Geistliche Herrschaft und korporative Verfassung der Judenschaft in Fürth im Widerspruch''" in: ''Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung'', Heft 13, 1992 [https://intr2dok.vifa-recht.de/servlets/MCRFileNodeServlet/mir_derivate_00001668/PPN117964131.pdf online]
 
==Einzelnachweise==
<references />
 
== Bilder ==
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Aktuelle Version vom 28. Januar 2024, 13:55 Uhr

Tekunos Büchlein - Andreas Würfel.png
Titelblatt "Tekunos Büchlein", Teil 2 in Andreas Würfel: "Historische Nachricht Von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth", 1754

Takkanot (תקנות), jiddische Aussprache Tekunos, ist der hebräische Begriff für Vorschriften.

Solche Vorschriften erließ 1728 die demokratische bestellte "Vorsteherschaft" der Jüdischen Gemeinde Fürth.
1754 veröffentlichte der protestantische Theologe Andreas Würfel (1718–1769) aus Nürnberg sein Werk "Historische Nachricht von der Juden-Gemeinde in dem Hofmark Fürth". Der zweite Teil des Buches enthält das sogenannte Tekunnos Büchlein der Fürther Juden. Laut Würfel geht seine deutsche Übersetzung dieser Kleider- und Luxusordnung auf ein 1728 auf Jiddisch gedrucktes Büchlein zurück, von dem allerdings kein Exemplar überliefert ist[1]. Die Veröffentlichung weist Parallelen zu der von Johann Jacob Schudt herausgegebenen Kleider- und Luxusordnung der jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main von 1716 auf[2]. Diese Analogien legen den Schluss nahe, dass Wurzeln der Urheberschaft bei Tsevi Hirsch Kaydanover liegen.

Das Tekunos-Büchlein regelte die häuslichen Feste (Hochzeiten, Beschneidung), die Bekleidung[3] und den Umgang miteinander im Leben der Jüdischen Gemeinde und des Einzelnen. Auch der Umgang der Juden mit den nicht-jüdischen Fürther war darin geregelt.

"Die Regelungen selbst präsentieren ein typisches Beispiel für eine ausführliche jüdische Kleiderordnung aus dem deutschsprachigen Raum, die vor allem an Frauen gerichtet ist und soziale Unterscheidungen hervorhebt. Bestimmte Stoffe sind grundsätzlich verboten, andere nur bestimmten Gemeindemitgliedern oder zu Anlässen wie Beschneidung oder Hochzeit gestattet. Außerdem wird zum Teil nach Familienstand unterschieden. Für Ledige gelten andere Regeln als für Verheiratete. Auch in der Fürther Kleiderordnung sind Frauen besonders häufig Ziel der detaillierten Vorschriften.

Interessant ist die Erwähnung der Perücke für Männer in Paragraph 7, der festlegt, dass Männer die mit einer Perücke in die Synagoge gehen, diese nicht pudern lassen dürfen. Es scheint als habe sich die Mode Perücken zu tragen längst durchgesetzt, so dass nur das zusätzliche Pudern beim Synagogengang verboten ist. Andererseits erwähnt die Ordnung weiterhin die typischen Krägen der deutsch-jüdischen Tracht, die sich auf Abbildungen das ganze 18. Jahrhundert hindurch häufig finden und hier offenbar vor allem von den Studierenden in der bekannten Fürther Jeschiwa, einer Talmudschule, getragen wurden."[4].

Die Intention der Regelungen war den übermäßigen Luxus einzudämmen und Vermögen nicht zur Schau zustellen. Dies machte vice versa den hohen Lebensstandard der Fürther Juden deutlich. Aus ihnen entwickelt sich die sprichwörtliche "Fürther Bescheidenheit".

Da am Anfang nur reich begüterte Juden in Fürth wohnen durften, wurden die Juden in Fürth von ihren jüdischen Glaubensgenossen "Fürther Judenadel" genannt. Aber da die reich begüterten Juden für ihre ärmeren Glaubensgenossen das Schutzgeld an die Herrschaft zahlten, konnten sich auch andere Juden ansiedeln. Um die Standesunterschiede nicht zur Schau zu stellen, wurden diese Vorschriften erlassen. Wer sie nicht beachtete, musste Geldbußen an die Almosenkasse der Jüdischen Gemeinde zahlen.

Anders als im Tekunos-Büchlein aus Fürth, finden sich in den Statuten der Fürther jüdischen Gemeinde von 1770 sieben Paragraphen zu Kleidung[5]. Der einleitende Paragraph tadelt mit ganz ähnlichen Referenzen, wie schon Kaidanover über sechs Jahrzehnte früher, vor allem den Stolz der Frauen, der in ihrer Kleiderpracht zum Ausdruck käme.

Überwachung und Durchführung der Vorschriften (תקנות)[Bearbeiten]

Die Aufsicht unterlag dem "Jüdischen Rat". Aus dessen Mitte wurden 12 Parnoßim (פרנסים) bestimmt, von denen der jeweilige "Monatsparnaß" als regierender Bürgermeister angesehen wurde. Dieses Kollegium konnte alles nach seinem Willen einrichten[6] In dieses Gremium mussten auch drei Ansbachische Juden gewählt werden. Alle drei Jahre bestimmte der Rabbiner die neuen Gemeindemitglieder nach ihrer Eignung bezüglich der religionsgesetzlichen Vorschriften. Die Gewählten hatten ihm dafür 100 Gulden zu bezahlen. Allerdings hatte der Monatsparnaß auch entsprechende Möglichkeiten, Einkünfte zu erzielen[7].

Kartenspiel in Tekunot

Kartenspiel[Bearbeiten]

Zu den besten Einnahmemöglichkeiten des Monatsparnaß gehörte das sog. Kartengeld. Prinzipiell war das Kartenspiel in früherer Zeit den Juden verboten und mit der Strafe des Bannes belegt[8]. Sämtliche Ausnahmeregelungen waren mit Entgelt zu erlangen, üblicherweise mit 18 Kreuzer. So z.B. um dem Bräutigam in der Hochzeitswoche in seinem Haus die Langeweile zu vertreiben, weil Braut und Bräutigam in dieser Zeit nicht zusammen gehen durften, konnte er von dem Verbot befreit werden[9]. Nach der Geburt eines Kindes konnte der Ehegatte sechs Wochen Kartenspielerlaubnis erhalten. Kranke durften sich mit Kartenspiel die Zeit vertreiben und einem Gast bereitete man auch gerne damit Vergnügen. Die Erlaubnis war jeweils vom Monatsparnaß einzuholen[10].

Literatur[Bearbeiten]

  • Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth unterhalb Nürnberg : in zween Theilen ; sammt Übersetzung und Erläuterung ihres Tekunnos-Büchleins". Frankfurt; Prag, 1754, 170 S. - Teilw. in hebr. Schrift. Digitalisiertes Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München - online
Das Tekunos-Büchlein bildet den 2. Teil, ab Seite 107

Siehe auch[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

  • Tsevi Hirsch Kaydanover: Kav ha-yashar (ספר קב הישר = „ein ehrlicher Teil“)[11] Kleyder-Ordnungen
  • Tsevi Hirsch Kaydanover: weitere Verfügungen zu Kleiderordnung in Fürth
  • Christoph Daxelmüller: "Holekreisch und Hamanklopfen - jüdisches Brauchtum in Franken" online
  • Friedrich Battenberg: "Das Reichskammergericht und die Juden des Heiligen Römischen Reiches - Geistliche Herrschaft und korporative Verfassung der Judenschaft in Fürth im Widerspruch" in: Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 13, 1992 online

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Eine Abschrift des Tekunos-Büchlein (Tekunoth-Büchlein) von 1754 ist noch erhalten, das Original von 1728 gilt als verschollen.
  2. Siehe Cornelia Aust: Essay zu Jüdische Kleiderordnungen: Die visuelle Ordnung der frühneuzeitlichen Gesellschaft, darin: "Die Diskussion um Kleidung und Luxus", online
  3. Andreas Würfel: "Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth unterhalb Nürnberg : in zween Theilen ; sammt Übersetzung und Erläuterung ihres Tekunnos-Büchleins". Frankfurt; Prag, 1754, "Kleyder-Ordnungen" ab Seite 147
  4. Siehe Cornelia Aust: Essay zu Jüdische Kleiderordnungen: Die visuelle Ordnung der frühneuzeitlichen Gesellschaft, darin: "Die Diskussion um Kleidung und Luxus", online
  5. Die Fürther Statuten sind editiert bei: LITT, Jüdische Gemeindestatuten aus dem aschkenasischen Kulturraum 1650–1850, S. 132–273. Die Kleidungsvorschriften finden sich auf S. 265f
  6. L. Horwitz: "Das Kartenspiel in den Fürther תקנות", in: Der Israelit vom 25. Januar 1934
  7. L. Horwitz, ebenda.
  8. L. Horwitz, ebenda.
  9. L. Horwitz, ebenda.
  10. L. Horwitz, ebenda.
  11. Der Titel bedeutet zwar „ein ehrlicher Teil“, aber die Buchstaben des ersten Wortes entsprechen der Zahl 102, die die Anzahl der Kapitel im Buch und der Zahlenwert von Tsevi, seinem Vornamen, ist; der Zahlenwert des zweiten Wortes entspricht dem seines zweiten Namens, Hirsch)

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