Königswarterstraße 20: Unterschied zwischen den Versionen

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==Baugeschichte==
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Die dreiseitig freistehende Ville wurde [[1909]]/[[1910]] für den Bauunternehmer [[Karl Gran jr.]] von Architekt [[Georg Groß]] im barockisierenden [[Jugendstil]] geschaffen.
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==Hausbesetzung 1981==
==Hausbesetzung 1981==
[[Bild:Hausbesetzung Koenigswarterstr20.jpg|thumb|left|Foto von der besetzten Villa 1981:''"Lieber instandbesetzen statt kaputtbesitzen"''.<ref name="Doku81">"Dokumentation einer Hausbesetzung in Fürth", 1981</ref>]]
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Anfang der 1980er Jahre sollten die Villen [[Königswarterstraße]] 20 und 22 nach dem Willen des Eigentümers einem fünfstöckigen Hotel-Neubau mit Hochgaragen weichen. Die Stadt Fürth behauptete zwar die Häuser erhalten zu wollen, wollte aber nicht vom Bebauungsplan 302 abrücken, der einen Abriss der beiden Villen zulässt. Zeitgleich sollte auch mit dem [[Geismann-Areal]] denkmalgeschützte historische Bausubstanz verschwinden, die zu diesem Zeitpunkt Jugendtreffpunkte beheimatete.
Anfang der 1980er Jahre sollten die Villen [[Königswarterstraße]] 20 und 22 nach dem Willen des Eigentümers einem fünfstöckigen Hotel-Neubau mit Hochgaragen weichen. Die Stadt Fürth behauptete zwar die Häuser erhalten zu wollen, wollte aber nicht vom Bebauungsplan 302 abrücken, der einen Abriss der beiden Villen zulässt. Zeitgleich sollte auch mit dem [[Geismann-Areal]] denkmalgeschützte historische Bausubstanz verschwinden, die zu diesem Zeitpunkt Jugendtreffpunkte beheimatete.


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Nach dem Eindringen in das leerstehende Gebäude wird eine erste Presseerklärung herausgegeben. Zum weiteren Verbleib in der Villa werden eine provisorische Küche sowie ein Schlafraum eingerichtet und ein Ofen angeschlossen. Im ersten Stock eindringendes Wasser wird in Eimern aufgefangen. Ein Notstromaggregat versorgt die Aktivisten, da Oberbürgermeister [[Kurt Scherzer]] die Belieferung mit Strom und Wasser im Namen der Stadt verweigert. In Vollversammlungen wurden die Positionen und das weitere Vorgehen der Gruppe bestimmt.
Nach dem Eindringen in das leerstehende Gebäude wird eine erste Presseerklärung herausgegeben. Zum weiteren Verbleib in der Villa werden eine provisorische Küche sowie ein Schlafraum eingerichtet und ein Ofen angeschlossen. Im ersten Stock eindringendes Wasser wird in Eimern aufgefangen. Ein Notstromaggregat versorgt die Aktivisten, da Oberbürgermeister [[Kurt Scherzer]] die Belieferung mit Strom und Wasser im Namen der Stadt verweigert. In Vollversammlungen wurden die Positionen und das weitere Vorgehen der Gruppe bestimmt.


[[Bild:Kaeltefruehstueck.jpg|thumb|right|"Kältefrühstück" am 24. Januar 1981, dem Samstag nach dem Auszug der "Instandbesetzer".]]Während der [[Stadtrat]] die Aktivisten bei der Übergabe der Forderungen wütend beschimpfte, auch weil die Delegation der Besetzer sich eigenmächtig des Mikrofons in der Stadtratssitzung bemächtigte, stieß das Anliegen bei Teilen der Bevölkerung auf Verständnis und Interesse: Viele Fürther nutzten das Angebot der Besetzer, sich das - auch im Inneren kunstvoll ausgestaltete - Baudenkmal im Rahmen von Führungen anzusehen. Solidaritätsbekundungen wurden von den [[Die Grünen|Grünen]], der [[DKP]], den Deutschen Jungdemokraten und den Falken veröffentlicht.<ref name="Doku81"/>
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Auch der Eigentümer ließ zunächst verlauten, er habe "sogar einige Sympathien" für die "ganz netten jungen Leute", ehe er dann am [[20. Januar]] in Begleitung des Polizeichefs das besetzte Baudenkmal besuchte um anzudrohen, dass er Strafantrag wegen Hausfriedensbruch stellen werde, solle das Gebäude nicht innerhalb von 24 Stunden freigegeben werden.<ref name="Fürther Nachrichten210181">"Ein Ultimatum gestellt", Fürther Nachrichten vom 21. Januar 1981</ref> Am Mittwoch, [[21. Januar]] [[1981]] wurde der Strafantrag gestellt, die Polizei stellte ein Ultimatum bis 20 Uhr.  
Auch der Eigentümer ließ zunächst verlauten, er habe "sogar einige Sympathien" für die "ganz netten jungen Leute", aufgrund der niedrigen Temperaturen würden sie sicherlich bald wieder nachhause gehen. Als die Besatzer den großen Kaminofen in der Eingangshalle wieder in Betrieb nehmen konnten, war dies jedoch nicht mehr unbedingt abzusehen. Am [[20. Januar]] besuchte er in Begleitung des Polizeichefs das besetzte Baudenkmal, um anzudrohen, dass er Strafantrag wegen Hausfriedensbruch stellen werde, solle das Gebäude nicht innerhalb von 24 Stunden freigegeben werden.<ref name="Fürther Nachrichten210181">"Ein Ultimatum gestellt", Fürther Nachrichten vom 21. Januar 1981</ref> Am Mittwoch, [[21. Januar]] [[1981]] wurde der Strafantrag gestellt, die Polizei stellte ein Ultimatum bis 20 Uhr.  


An der Vollversammlung der Instandbesetzer nahmen rund 100 Personen teil. Unter dem Slogan "''Wir wollen keine Gewalt, keine Krawalle - nur dies Haus''" wurde der Auszug beschlossen. Eine Minute vor Verstreichen der Frist leuchteten hinter allen Fenstern des Gebäudes Kerzen. Hinter dem Transparent "Wir weichen der Staatsgewalt" zog die Gruppe durch die Innenstadt.<ref name"Fürther Nachrichten220181">"Die Besetzer zogen ab", Fürther Nachrichten vom 22. Januar 1981</ref>
An der Vollversammlung der Instandbesetzer nahmen rund 100 Personen teil. Unter dem Slogan "''Wir wollen keine Gewalt, keine Krawalle - nur dies Haus''" wurde der Auszug beschlossen. Eine Minute vor Verstreichen der Frist leuchteten hinter allen Fenstern des Gebäudes Kerzen. Hinter dem Transparent "Wir weichen der Staatsgewalt" zog die Gruppe durch die Innenstadt.<ref name"Fürther Nachrichten220181">"Die Besetzer zogen ab", Fürther Nachrichten vom 22. Januar 1981</ref>
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==Lokalberichterstattung==
==Lokalberichterstattung==
* Bernd Noack: ''Die Zeit der Instandbesetzer''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 4. Februar 2013 - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/die-zeit-der-instandbesetzer-1.2664113 online abrufbar]
* Bernd Noack: ''Die Zeit der Instandbesetzer''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 4. Februar 2013 - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/die-zeit-der-instandbesetzer-1.2664113 online]
* Tobias Lang: ''Baumriese stürzt in der Innenstadt um''. In: Fürther Nachrichten vom 14. Februar 2020 (Druckausgabe) bzw. Tobi Lang: ''Verwüstung in Fürth: 25-Meter-Baum stürzt auf Autos''. In: nordbayern.de vom 14. Februar 2020 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9833998 online]


==Siehe auch==
==Siehe auch==
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* [[Ritterstraße|2000. Artikel des FürthWiki]]
* [[Ritterstraße|2000. Artikel des FürthWiki]]
* [[1503|4000. Artikel des FürthWiki]]
* [[1503|4000. Artikel des FürthWiki]]
* [[Hausbesetzung]]


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==

Aktuelle Version vom 27. Januar 2024, 02:42 Uhr

Koenigswarterstr 20 001.jpg
Einfahrt zur Jugendstilvilla Königswarterstraße 20
Die Karte wird geladen …

Die prächtige Villa Königswarterstraße 20 zählt zu den aufwendigsten Beispielen der Jugendstil-Baukunst in Fürth. Berühmtheit erlangte sie durch die erste Fürther Hausbesetzung am 18. Januar 1981.


Baugeschichte[Bearbeiten]

28. Mai 2012:
Dies ist der 3000. Artikel des FürthWiki!

Die dreiseitig freistehende Ville wurde 1909/1910 für den Bauunternehmer Karl Gran jr. von Architekt Georg Groß im barockisierenden Jugendstil geschaffen.

Dr. Heinrich Habel beschreibt die Villa wie folgt:

Die vor allem dem Barock entlehnten Formen sind frei, in Hauptsache jugendstilmäßig abgewandelt und zugleich im Sinne einer zeitgemäßen Tendenz zur Monumentalität ins Üppige gesteigert. Der malerisch-asymmetrische Baukörper erweckt mit seiner gedrängten plastischen Formenvielfalt den Eindruck äußerster Unruhe.[1]

Nach dem Ersten Weltkrieg bewohnte der Papierfabrikant Geheimrat Max Ellern-Eichmann die Villa.

Beschreibung des Baudenkmals[Bearbeiten]

Dreiseitig freistehender, zweigeschossiger Mansardwalmdachbau auf hohem Sockelgeschoss mit reich gegliederten Sandstein- und Putzfassaden mit Bauplastik, polygonal vortretendem Mittelrisalit mit Schweifgiebel und rundem Eckbodenerker mit polygonalem Turmaufsatz und Haube, barockisierender Jugendstil, von Georg Gross, bez. 1909; Nebentrakt, zweigeschossiger Flachdachbau, gleichzeitig, später aufgestockt; Einfriedung, verputzte Ziegelmauer und Pfeilgitterzaun mit Sandsteinpfeilern, gleichzeitig.

Hausbesetzung 1981[Bearbeiten]

Foto von der besetzten Villa 1981:"Lieber instandbesetzen statt kaputtbesitzen".[2]

Anfang der 1980er Jahre sollten die Villen Königswarterstraße 20 und 22 nach dem Willen des Eigentümers einem fünfstöckigen Hotel-Neubau mit Hochgaragen weichen. Die Stadt Fürth behauptete zwar die Häuser erhalten zu wollen, wollte aber nicht vom Bebauungsplan 302 abrücken, der einen Abriss der beiden Villen zulässt. Zeitgleich sollte auch mit dem Geismann-Areal denkmalgeschützte historische Bausubstanz verschwinden, die zu diesem Zeitpunkt Jugendtreffpunkte beheimatete.

Um in dieser Sache ein Zeichen zu setzen, die Villa vor dem drohenden Abriss zu retten und dort eine selbstverwaltete, altersübergreifende Begegnungsstätte einzurichten, wurde das Gebäude Königswarterstraße 20 am Sonntag, den 18. Januar 1981 gegen Mittag besetzt. Vordringliches Ziel der Hausbesetzung war es, die Öffentlichkeit auf die Praktiken der Haus- und Grundstücksspekulanten hinzuweisen und die unglaubwürdige Haltung der Stadt Fürth an den Pranger zu stellen.

Nach dem Eindringen in das leerstehende Gebäude wird eine erste Presseerklärung herausgegeben. Zum weiteren Verbleib in der Villa werden eine provisorische Küche sowie ein Schlafraum eingerichtet und ein Ofen angeschlossen. Im ersten Stock eindringendes Wasser wird in Eimern aufgefangen. Ein Notstromaggregat versorgt die Aktivisten, da Oberbürgermeister Kurt Scherzer die Belieferung mit Strom und Wasser im Namen der Stadt verweigert. In Vollversammlungen wurden die Positionen und das weitere Vorgehen der Gruppe bestimmt.

"Kältefrühstück" am 24. Januar 1981, dem Samstag nach dem Auszug der "Instandbesetzer".

Während der Stadtrat die Aktivisten bei der Übergabe der Forderungen wütend beschimpfte, auch weil die Delegation der Besetzer sich eigenmächtig des Mikrofons in der Stadtratssitzung bemächtigte, stieß das Anliegen bei Teilen der Bevölkerung auf Verständnis und Interesse: Viele Fürther nutzten das Angebot der Besetzer, sich das - auch im Inneren kunstvoll ausgestaltete - Baudenkmal im Rahmen von Führungen anzusehen. Solidaritätsbekundungen wurden von den Grünen, der DKP, den Deutschen Jungdemokraten und den Falken veröffentlicht.[2]

Auch der Eigentümer ließ zunächst verlauten, er habe "sogar einige Sympathien" für die "ganz netten jungen Leute", aufgrund der niedrigen Temperaturen würden sie sicherlich bald wieder nachhause gehen. Als die Besatzer den großen Kaminofen in der Eingangshalle wieder in Betrieb nehmen konnten, war dies jedoch nicht mehr unbedingt abzusehen. Am 20. Januar besuchte er in Begleitung des Polizeichefs das besetzte Baudenkmal, um anzudrohen, dass er Strafantrag wegen Hausfriedensbruch stellen werde, solle das Gebäude nicht innerhalb von 24 Stunden freigegeben werden.[3] Am Mittwoch, 21. Januar 1981 wurde der Strafantrag gestellt, die Polizei stellte ein Ultimatum bis 20 Uhr.

An der Vollversammlung der Instandbesetzer nahmen rund 100 Personen teil. Unter dem Slogan "Wir wollen keine Gewalt, keine Krawalle - nur dies Haus" wurde der Auszug beschlossen. Eine Minute vor Verstreichen der Frist leuchteten hinter allen Fenstern des Gebäudes Kerzen. Hinter dem Transparent "Wir weichen der Staatsgewalt" zog die Gruppe durch die Innenstadt.[4]

Bereits am nächsten Tag wurde am 22. Januar 1981 bei bitterer Kälte vor dem Gebäude ein Frühstück abgehalten. Anschließend ging man gemeinsam in ein Jugendtreff, um weitere Aktionen zu planen. So wurde beschlossen, dem damals amtierenden Oberbürgermeister Kurt Scherzer den Wanderpreis des "Goldenen Baggers" samt Urkunde zu überreichen, da sich nach Angaben der Hausbesetzer sich persönlich bei den Stadtwerken dafür eingesetzt hatte, dass den Besetzern Strom und Wasser gesperrt werden. Noch am gleichen Tag stürmten ca. 50 Personen das Rathaus, allerdings war der Oberbürgermeister just in diesem Moment nicht in seinem Büro, so dass die Übergabe erst am nächsten Tag erfolgen konnte. Der inzwischen "vorgewarnte" Oberbürgermeister lies die Übergabe über sich "ergehen" und kommentierte die Forderung nach einem Jugendhaus als "aktuell nicht realisierbar", da das notwendige Geld im Stadthaushalt nicht zur Verfügung stehen würde.[5]

Mit derselben Motivation, einerseits das bedeutende Baudenkmal zu retten und andererseits Räume für die Jugend der Stadt zu gewinnen, wurde am 11. April desselben Jahres auch das Hauptgebäude der leerstehenden Brauerei Geismann (Geismann-Bräustübl) mit dem Slogan "Das Geismannareal uns und nicht den Baggern" besetzt, jedoch schon am selben Tag wieder freigegeben.[6]

Sonstiges[Bearbeiten]

Vermutlich in Folge des Orkans „Sabine“, der in der Nacht vom 9. auf den 10. Februar 2020 über Fürth hinwegzog, fiel völlig überraschend am Donnerstag, den 13. Februar 2020 gegen 15:45 Uhr ein wohl mehr als 100 Jahre alter Baum vor dem Gebäude um. Dabei wurden fünf parkende Autos und eine Sandsteinmauer zerstört. Experten gehen davon aus, dass der Europäische Zürgelbaum zum Zeitpunkt des Villabaus gepflanzt wurde.[7]

Literatur[Bearbeiten]

Lokalberichterstattung[Bearbeiten]

  • Bernd Noack: Die Zeit der Instandbesetzer. In: Fürther Nachrichten vom 4. Februar 2013 - online
  • Tobias Lang: Baumriese stürzt in der Innenstadt um. In: Fürther Nachrichten vom 14. Februar 2020 (Druckausgabe) bzw. Tobi Lang: Verwüstung in Fürth: 25-Meter-Baum stürzt auf Autos. In: nordbayern.de vom 14. Februar 2020 - online

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Dr. Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth, S. 234
  2. 2,0 2,1 "Dokumentation einer Hausbesetzung in Fürth", 1981
  3. "Ein Ultimatum gestellt", Fürther Nachrichten vom 21. Januar 1981
  4. "Die Besetzer zogen ab", Fürther Nachrichten vom 22. Januar 1981
  5. Fürther Freiheit, Jahrgang 1, Ausgabe 2, 1982, Fürth Eigenverlag, S. 12 - Die zwei Gesichter des Herrn Scherzer, Oldrich
  6. "Geismann-Areal besetzt", Fürther Nachrichten vom 13. April 1981, S. 37
  7. Tobias Lang: Baumriese stürzt in der Innenstadt um. In: Fürther Nachrichten vom 14. Februar 2020, Druckausgabe, S. 29

Bilder[Bearbeiten]