Poppenreuther Kreuzigungsgruppe: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 8. Juni 2017, 10:54 Uhr
Die Kreuzigungsgruppe in St. Peter und Paul fristete viele Jahre ein Schattendasein. Eine kunsthistorische Einordnung wurde erstmals seit den Forschungen des Leipziger “Jagiellonen-Projekt” (gestartet im Jahr 1999) möglich. Unter Leitung von Jiri Fajt nahm sich insbesondere Stefan Roller um Wechselwirkungen zwischen Pilsen und Nürnberg an und kam zu dem Ergebnis: „Diese in der Forschung gänzlich vernachlässigte Gruppe zählt zu den herausragenden Zeugnissen süddeutscher Bildhauerkunst in der Mitte des 15. Jahrhunderts.” [1] Über den Ursprung der Poppenreuther Gruppe weiß man heute, dass sie in einer Werkstatt gefertigt wurde, deren Arbeiten im Fränkischen wie auch im Westböhmischen im Umkreis von Pilsen zu finden sind. Die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen der fränkischen Reichsstadt Nürnberg und Pilsen haben sich nach dem Ende der Hussitengefahr seit 1434 nachweislich stark intensiviert.
Eine Kreuzigungsgruppe im „Schönen Stil“
Die Gestaltungsmerkmale der Poppenreuther Kreuzigungs-Skulpturen sind den Vorstellungen des sogenannten „Schönen Stils” verpflichtet. Nicht zuletzt wegen der hochgradig wirklichkeitsorientierten Wiedergabe der anatomischen Verhältnisse, sowie der kunstreich und filigran arrangierten Lendentuchdraperie des Christus gilt die Kreuzigungsgruppe als überzeugendste Ausprägung der Nürnberger Kruzifixe des Pilsener Typus.
Als ein Erkennungskriterium gilt beispielsweise die Anordnung des Lendentuches bei dem gekreuzigten Christus, das immer den rechten Oberschenkel freigibt und das linke Bein bis über das Knie verhüllt. Ebenso charakteristisch ist die Ausbildung eines hohen Rippenbogens. Der Oberbauch ist nach innen gezogen, während der Unterbauch sich zum Hüftknochen nach außen wölbt. All diese Kennzeichen finden sich auch bei den Kruzifix-Skulpturen von St. Bartholomäus in Pilsen, von St. Rochus in Nürnberg, der Langenzenner Friedhofskirche und dem Relief der Kreuzigungsgruppe von Ossegg bei Rokytzan.
Der Bestand der Pilsener Werkgruppe spaltet sich in frühe Arbeiten um 1440/50, die in Franken anzutreffen sind und spätere Arbeiten im Umkreis von Pilsen, die um 1450/60 entstanden.
Als Entstehungsdatum wird für die Poppenreuther Figurengruppe der Zeitraum zwischen den Jahren 1445 und 1450 angenommen. Was deren Erhaltungszustand anbelangt sind die Figuren - insbesondere die Aszendenzfiguren - zwar in neuerer Zeit dick überfasst worden, doch „dürfte der Zustand dem ursprünglichen näher kommen” [2] als z.B. in den Plastiken von Pilsen.