Louis Kissinger

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Unterschrift Louis Kissinger

Louis Kissinger (geb. 2. Februar 1887 in Ermershausen, gest. 19. März 1982 in New York City[1]) war von Beruf Lehrer und der Vater von Henry Kissinger.[2] Louis Kissinger wird als zweitältester Sohn von David und Lina Kissinger geboren. Seine Jugend verbrachte Louis sorglos im unterfränkischen Ermershausen, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Haßfurt. Louis war der erste Kissinger, der gewissermaßen eine Familientradition brach, in dem er nicht mehr ausschließlich den Beruf des sog. "Judenlehrers" (Rabbi) erlernte, sondern Lehrer im öffentlichen Dienst werden wollte und damit auch nichtjüdische Kinder unterrichten mochte.

Ausbildung und Lehre

Louis Kissinger mit Vater David Kissinger, ca. 1945

Im Jahr 1900 kam Louis Kissinger mit nur 13 Jahren auf die königliche Präparandenschule in Arnstein. Die Präparandenschule war um die Jahrhundertwende eine Art untere Stufe der Volksschullehrerausbildung.[3] Bereits 1901 zählte er zu den "Besten seines Kurses".[4] Sein Jahreszeugnis zählte noch weitere positive Eigenschaften auf, u. a. hieß es darin: "Durch seine vielen Geistesanlagen, ... seinen lobenswürdigen Hausfleiß, verbunden mit Eifer und Aufmerksamkeit beim Unterricht, hat er in allen Gegenständen die Zufriedenheit seiner Lehrer erworben. Sein religiössittliches, sein disziplinäres Verhalten war durchaus tadelfrei".[5]

Kissingers Berufsleben in Fürth

Mit 18 Jahren bewarb sich Louis Kissinger zum ersten Mal um eine Lehrerstelle und kam somit auch zum ersten Mal mit Fürth in Berührung. Er bewarb sich beim Vereinigten Heberlein’schen und Arnstein’schen Institut, das 1848 von Simon Geiershöfer als Privatinstitut für Mädchen gegründet wurde und 1883 mit der privaten Heberleinschen Töchterschule zusammengeführt wurde. Es war die erste private höhere Mädchenschule in Fürth, die ursprünglich für Töchter aus jüdischen Häusern gegründet wurde. Um die Jahrhundertwende wurden auch Schülerinnen des christlichen Glaubens zugelassen, so dass die eine Hälfte jüdischen und die andere Hälfte christlichen Glaubens war, meist des evangelischen. Nach knapp 60 Jahren schloß 1907 die Schule ihre Pforten, nachdem das städtische Mädchenlyzeum an der Tannenstraße den Unterricht aufgenommen hatte.

Louis Kissinger mit Schülerinnen, ca. 1920

Im November 1905 hielt Louis Kissinger jedoch erst einmal seinen Einstand in der Heberlein- und Arnsteinischen Höheren Mädchenschule. Er durfte dort bis zu fünf Wochenstunden den isrealitischen Religionsunterricht in den unteren Klassen abhalten. Im März 1906 wurde Kissinger durch das Rabbinat im Unterricht geprüft. In dem schriftlich verfassten Bericht über den Unterricht wird es später heißen: "Ich freue mich nun, sagen zu können, dass mich ... gründlich vorgenommene außerordentliche Visitation vollständig befriedigt hat. Im Interesse der Schule empfehle ich dringend, für dieses Jahr in dieser kombinierten Abteilung einen weiteren Lehrerwechsel zu verhüten, umsomehr als .. Herr Kissinger den richtigen Ton im Umgang mit seinen Schülerinnen zu treffen scheint."[6] Gleiches wusste sein Schulleiter über Louis Kissingers Leistungen zu berichten. Am 18. September 1906 schrieb der Schulleiter in das Zeugnis von Louis Kissinger: "Herr Louis Kissinger ... wirkt seit dem Schulbeginn 1905 an der ... Schule des Unterzeichneten als Lehrer der III. und IV. Klasse. Der Unterzeichnete bezeugt genau, dass der verhältnismäßig sehr junge Lehrer sich gleich zu anfangs seiner beruflichen Tätigkeit als ungemein fleißiger, fähiger und rühriger Pädagoge erwies, sich bisher als äußerst gewissenhaft, pünktlich und pflichtgenau nach jeder Richtung hin bewährte und infolge seiner Berufsfreudigkeit und Liebe zu den Kindern ganz vorzügliche Unterrichtsresultate erzielte."[7]

Louis Kissinger im Kreis seiner Kollegen, ca. 1920

Privat schien Kissinger zunächst in einem Zimmer in der Theaterstraße zur Untermiete gewohnt zu haben. Es folgte eine Wohnung beim Bäckermeister Berle Oppenheimer in der Hirschenstraße [8], bis er Anfang Dezember 1908 in der Schwabacher Straße 42 eine Wohnung bezog. Zur gleichen Zeit unterrichtete Louis Kissinger ebenfalls in der 1897 gegründeten privaten Heckmannschule, die er vermutlich als Dienststelle nutzte, nachdem das Heberlein- und Arnsteinische Institut 1907 schließen musste. Er unterrichtet nun - nach seiner Anstellungsprüfung am 20. September 1909 - die Knaben der Heckmannschule. Sein Jahresgehalt beträgt 1.000 Reichsmark. Seine Anstellung in der Heckmannschule dauerte knapp 10 Jahre. Dabei unterrichtete er in der reinen Knabenschule Deutsch, Rechnen und Realien (also Naturwissenschaften, wie Erdkunde, Geschichte, Biologie oder Physik/Chemie).

Vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg 1914 - 1918 als Lehrer befreit, suchte Kissinger nach Möglichkeiten seiner beruflichen Weiterentwicklung. Er bewarb sich mehrfach an anderen Schulen, so z. B. 1910 an der Isrealitischen Präparandenschule Talmud-Thora in Burgpreppach, allerdings lehnte er diese Stellen immer wieder ab. Kissinger lehnte auch 1918 eine Stelle im oberschlesischen Beuthen ab, die ihm 4.000 Reichsmark für seine Tätigkeit "hauptsächlich in (der) Erteilung des Religionsunterrichts, Hebräisch und den damit verwandten Fächern in der Jüdischen Volksschule, Gymnasium, Realgymnasium und Lyzeum" geboten hatten.[9]

Am 29. April 1917 bewarb sich Louis Kissinger, inzwischen 30 Jahre alt, beim Königlich Bayerischen Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten für die Zulassung zur Reifeprüfung an Realgymnasien. Kurze Zeit später erfolgte die Zulassung zur Prüfung. Zur gleichen Zeit beantragte Kissinger in Fürth das Bürgerrecht, das ihm am 20. November 1917 zugesprochen wurde. Kissinger hatte bereits im Oktober 1917 das Studium der Kameralistik (Buchführung, öffentliche Verwaltung) und Philosophie an der Universität in Erlangen begonnen. Am 10. April 1919 erhielt Kissinger erstmals ein Abgangszeugnis, so dass seiner Anstellung im öffentlichen Dienst nichts mehr im Weg stand. Im Jahresbericht der Städtischen Höheren Mädchenschule in Fürth wurde Kissinger 1919/1920 erstmals als Hauptlehrer für Deutsch, Rechnen und Realien erwähnt. Am 3. März 1920 erhielt Kissinger durch eine Regierungsentschließung die Festanstellung an der höheren Mädchenschule, dem heutigen Helene-Lange-Gymnasium. Seine Schüler nannten Kissinger "Kissus" und manche Mädchen beschrieben ihn als "stets korrekt gekleideten, mit Fliege, später vorzugsweise mit Krawatte zum meist dreiteiligen Anzug" gekleideten Lehrer, der gerne mit einem Buch unter dem Arm beschwingt - fast hüpfend - zum Pult im Klassenzimmer eilte mit den Worten "Setzen, setzen!". Während die Mädchen eher für ihn schwärmten, schienen die Knaben seine "Schwächen" bald erkannt zu haben, denn als besonders strenger Lehrer, der den Stock zur Disziplinierung einsetzte, wurde er nicht beschrieben. Kissinger hatte zwar - wie damals üblich - einen Stock griffbreit, aber zum Einsatz kam er scheinbar so gut wie nie. Dies schien einige Schüler immer wieder zu Streichen gegen Kissinger anzuregen.

Louis Kissinger war inzwischen seit 1921 Hauptlehrer, der seit 1919 immerhin bei der Stadt Fürth festangestellt war, wenn auch nur zu einem geringen Lohn. Die Inflation hatte sein Erspartes aufgefressen, so dass die wirtschaftlichen Verhältnisse am Anfang alles andere als rosig aussahen. Er heiratete am 14. August 1922 die Liebe seines Lebens, die 14 Jahre jüngere Paula Kissinger in Ansbach, die er bereits während seiner Schulzeit kennen gelernt hatte. Die Familie Kissinger zieht zunächst in eine kleine Balkonwohnung in der Mathildenstraße 23. Ab 1924 verbesserte sich langsam die finanzielle Lage, zumal Louis Kissinger am 1. September 1924 zum Oberlehrer befördert wurde - und sich somit eine bessere Gehaltssitutation einstellte. Mit der Beförderung folgte auch ein Umzug aus der Mathildenstraße im Januar 1925 in eine geräumigere Wohnung in der Marienstraße 5.

Die Wohnung war auch deshalb zu klein geworden, da am 27. Mai 1923 der Sohn Heinz Alfred Kissinger geboren worden war. Er kam mit Hilfe einer Hebamme in der Mathildenstraße 23 auf die Welt, bereits ein Jahr später folgte der Bruder Walter Bernhard Kissinger am 21. Juni 1924. Beide Söhne wuchsen in einer typisch bürgerlichen Welt auf, wurden aber gleichzeitig streng religiös durch die Eltern erzogen. Beide hatten Klavierunterricht, der Besuch des Theaters gehörte zum Pflichtprogramm.

Louis Kissinger war vom 10. Oktober 1919 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 9. Oktober 1933 an der Schule als Lehrer tätig.

Verfolgung während der NS-Zeit

Ausreiseerlaubnis, Mai 1938

Nach dem 1. April 1933 wurden durch den reichsweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte (→ Judenboykott) die ersten Aktionen spürbar für die jüdische Bevölkerung. Für Walter und Heinz Kissinger war zunächst die Schulzeit an einer öffentlichen Schule beendet, da Ende April 1933 die faktische Schließung öffentlicher Bildungseinrichtungen für jüdische Schuler und Studenten den Besuch einer öffentlichen Schule unmöglich machten. Gleiches galt auch für die Eltern Louis und Paula Kissinger. Durch die "Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wurde Kissinger als Gymnasiallehrer über Nacht arbeitslos, die letzten Zeugnisse unterschriebt Kissinger am 6. April 1933 - am 2. Mai 1933 wurde er zwangsbeurlaubt.[10]

Am 9. Oktober 1933 wurde der 47-jährige Kissinger durch das Bay. Staatsministerium des Innern zum Beginn des Schuljahres 1933/1934 in den "dauerhaften Ruhestand" versetzt. Die Tatsache, dass er weiterhin seine vollen Bezüge erhielt, ändert nichts daran, dass Kissinger in eine schwere Krise stürzte. Erschwerend kam für ihn hinzu, dass seine ehemaligen Kollegen zunehmend auf Distanz gingen - kein einziger wollte nach 1933 zu ihm stehen. Auch im Privaten gingen Freunde und Bekannte zunehmend auf Distanz, so dass sich die Kissingers recht schnell in Fürth isoliert fühlten. Es ist Paula Kissinger, die schließlich die Entscheidung traff, Deutschland zu verlassen. Am 24. April 1938 beantragt Louis Kissinger schließlich die Ausstellung von Pässen beim Polizeiamt Fürth, da sie die "Absicht haben", mit der Familie in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Bereits eine Woche später, am 29. April 1938, genehmigte die Gestapo die Ausreise. Am 10. August 1938 - nur drei Monate vor der Reichspogromnacht - meldete Louis Kissinger sich und seine Familie beim Polizeipräsidium Fürth offiziell ab. Kurz darauf waren sie auf dem Weg nach London, bis sie schließlich am 30. August 1938 per Schiff an Bord der "Ile de France" von Le Havre nach New York City übersetzten.

Neuanfang in den USA

Für Louis Kissinger ist die Ankunft in den Vereinigten Staaten ein Kulturschock. Aufgrund seines hohen Anspruches an sich und seinen Beruf als Lehrer, kann er nicht an seine urprüngliche Form anknüpfen. Der Beruf des Lehrers scheint für ihn unerreichbar, zumal er im Englischen sehr unsicher ist. Es folgt eine Zeit der Depression für Kissinger, die seine Frau Paula zum Handeln zwingt. Die deutlich jüngere Ehefrau kann sich besser anpassen und mit Hilfe ihrer Sprachkenntnisse gelingt ihr die notwendige Integration. Sie kommt über das "Council of Jewish Women" in das Dienstleistungsgewerbe und erlernt den Beruf der Köchin, auch wenn sie das Kochen nach eigenen Angaben hasst. Paula Kissinger bietet bald einen Partyservice an, so dass das Einkommen der Familie gesichert scheint. Die Söhne unterstützen die Familie, in dem sie vor Schulbeginn die Zeitung austragen oder in einer Rasiererpinselfabrik arbeiten. 1940 findet Louis Kissinger wieder eine Anstellung, jedoch nicht als Lehrer, sondern als Buchhalter einer metallverarbeitenden Firma. Durch das Einkommen von Louis Kissinger und durch den zunehmenden Erfolg Paula Kissingers - auch im Bereich des nicht-koscheren Essens - kann sich die Familie wieder etablieren und in das bessere Viertel Washington Heights umziehen. Noch während die beiden Söhne das Studieren anfangen, werden sie zum Kriegsdienst eingezogen.

Vor allem an Louis Kissinger schien die psychische Belastung während des Zweiten Weltkrieges nicht spurlos vorbei zu gehen. Er verharrt während der Kriegsjahre in einer depressiven Grundstimmung. Bald wird er nicht mehr berufsfähig sein, und die Ärzte diagnostizieren zu allem Überfluss auch noch einen Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). 1945 kommt es zur Operation Louis Kissingers, wofür Henry Kissinger sogar einige Tage Heimaturlaub bewilligt bekam. Zum Glück stellte sich die todbringende Diagnose als harmlose Gallenblasenentzündung heraus, so dass einer Gesundung nichts im Weg stand. Auch die Tatsache, dass beide Söhne den Zweiten Weltkrieg überlebten, verhalf Louis Kissinger wieder zu vollen Genesung.

Auf Drängen der Söhne Walter und Henry Kissinger unternehmen Louis und Paula Kissinger 1952 erstmals wieder eine größere Reise nach Europa, um u. a. die Gräber der eigenen Familie und Angehörigen zu besuchen. Die meisten Familienmitglieder, denen die Flucht ins rettende Ausland nicht gelang, kamen nach Izbica und wurden vermutlich in den Gaskammern der Vernichtungslager Sobibor und Belzec ermordet. Mit dem ersten Besuch schwinden die Ängste, wieder in die Heimat zurück zu kehren, dennoch kehren die Kissingers während der fünfziger Jahre Fürth und Leutershausen den Rücken zu, "wo einst die Heimat" war. Vermutlich ist der Schmerz der Erinnerung zu groß, der nächste Besuch in Fürth wird erst wieder 1975 sein.

Besuch in Fürth 1975

Redeauszug von L. Kissinger, Dez. 1975

Am 15. Dezember 1975 besuchte die Familie Kissinger erneut Fürth. Inzwischen war Henry Kissinger seit 1973 Außenminister der USA unter Richard Nixon und aufgrund seiner Mitwirkung am Vietnamkrieg höchst umstritten. Das Bayerische Staatsministerium des Innern ordnete deshalb beim Besuch in Fürth die Sicherheitsstufe II an, und schloss ein "abstraktes Gefährdungsmoment" nicht aus, da man befürchtete, dass "bestimmte linken Gruppen" den Besuch zum Anlass nehmen könnten, um mit Aktionen auf ihre Organisation und Ziele aufmerksam zu machen.[11] Neben einigen amerikanischen Sicherheitsbeamten wurden rund 400 Polizisten bei dem Besuch in Fürth aufgeboten. Nach Berechnung der Fürther Nachrichten waren bei dem Besuch Kissingers in Fürth genauso viele Polizisten im Einsatz wie bei einem Besuch von Willy Brandt. Für den Besuch in Fürth wurde eigens aus Bonn ein gepanzerter Mercedes Benz 600 eingeflogen, und während ihrer Anwesenheit in Fürth kreisten ständig Hubschrauber über dem Ort des Aufenthaltes der Gäste. Im festlich geschmückten Stadttheater hatten sich 400 geladene Gäste eingefunden, zuvor standen hunderte von Fürthern an der Straße, so dass die New York Times den Besuch in Fürth mit folgenden Worten titelte: "Kissinger besucht seine Heimatstadt und bekommt großen Applaus". Im Stadttheater begrüßen der bay. Ministerpräsident Alfons Goppel und der Außenminister Hans Dietrich Genscher die Familie Kissinger, die sich sichtlich davon beeindruckt zeigen. Die Nürnberger Nachrichten berichteten am nächsten Tag: "Wenn etwas rührend war an dieser kurzen Stippvisite eines vielbeschäftigten Stardiplomaten, dann war es das liebe und respektvolle Vater-Sohn-Verhältnis... also ob vor allem die Verbundenheit mit dem greisen Vater, mit der immer noch agilen Mutter ihn eine Lücke im randvollen Terminkalender für den Fürther Trip finden ließ."[12]

Unterschriften der Familie Kissinger, vermutlich Dez. 1975

Im Anschluss fand ein kleiner Festakt mit Fürths Oberbürgermeister Kurt Scherzer und geladenen Gästen im Casino der Stadtsparkasse statt. Dabei übergab der Bürgermeister von Ermershausen, der auf ausdrücklichen Wunsch von Louis Kissinger eingeladen war, den Eltern nicht nur einen Zinnteller, sondern auch eine Schallplatte "Ermershausen", auf dem ein Bild des Geburtsortes Louis Kissingers zu sehen war. Kurt Scherzer übergab ein sorgfältig ausgesuchtes Geschenk, nämlich den zweiten Band der fünf Bücher des jüdischen Pentateuch mit dem Titel "Exodus". Das Buch wurde 1802 von David Zirndorfer gedruckt und zeigt auf dem Titelblatt das Fürther Wappen in den Fängen des preußischen Adlers.[13] Louis Kissinger las anschließend eine vorbereitete Rede, die alle mit Spannung erwarteten. Louis Kissinger sprach in Deutsch und gestand "ich bin kein geborener Fürther, aber ich haben den größten Teil meines Lebens in Deutschland in Fürth verbracht. Hier habe ich meine Familie gegründet, hier wurden meine zwei Söhne geboren, hier waren die glücklichen Jahren meines beruflichen Schaffens." Nach seiner Ansprache sprach Louis Kissinger über Henry Kissinger und seine Rolle im Friedensprozess in Vietnam. Niemand widersprach ihm, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt schon Zweifel an seiner Rolle aufkamen.

Nach dem Treffen in der Stadtsparkasse ging es zum ersten und einzigen Mal seit 37 Jahren gemeinsam zum Israelitischen Friedhof in Fürth. Falk Stern, Paulas Vater, der Großvater von Henry und Walter Kissinger ist hier beigesetzt; die Öffentlichkeit war zum ersten Mal an diesem Tag gänzlich ausgeschlossen. Danach ging es im Familienkreis im Parkhotel für die Familie weiter, mit Ausnahme von Henry Kissinger, der bereits auf dem Weg nach Paris war.

Am nächsten Tag besuchten Louis und Paula Kissinger Leutershausen, wo ihnen unerwartet ein "großer Bahnhof" bereitet wurde. Die früheren Freunde Karl und Babby Hezner, die bis zuletzt zu Louis Kissinger gehalten hatten, waren bereits verstorben. Lediglich die Töchter Lore und Erika waren noch am Leben und begrüßen die Familie aufs Herzlichste. Am Abend des 16. Dezember 1975 traff Louis Kissinger ehemalige Schülerinnen aus seiner Lehrerzeit. Am letzten Tag seines Besuches ging es zur Israelitischen Kultusgemeinde in der Blumenstraße, wo er auch Hugo Oppenheimer wiedersah, bei dessen Eltern er während seiner Junggesellenzeit gewohnt hatte. Letzte Anlaufstelle in Fürth war nach der Synagoge in der Julienstraße die Tannenstraße - seine letzte Wirkungsstätte in Fürth als Lehrer. Am 18. Dezember 1975 traten Paula und Louis Kissinger wieder den Rückweg in die USA an. Ein erneutes gemeinsames Wiedersehen mit Fürth wird es nicht mehr geben. Die Ehefrau Paula Kissinger verstarb 1998 im Alter von 97 Jahren.[14]

Todesanzeige, 1982

Louis Kissinger starb im Alter von 95 Jahren am 19. März 1982 in New York City[15], seine Frau Paula Kissinger verstarb 16 Jahre später am 15. November 1998 im Alter von 97 Jahren in ihrem Apartment an der Fort Washington Avenue 615 in New York City, das die Familie 1940 bezogen hatte.

Louis-Kissinger-Preis

Der Louis-Kissinger-Preis ist ein von der Stadt Fürth erstmalig 2012 für vorbildhaft engagierte Pädagoginnen und Pädagogen jeglicher Schularten ausgelobter Preis. Er geht auf eine Schenkung der beiden Söhne Walter und Henry Kissinger zurück, die aus der Lebensversicherung ihres Vaters Louis Kissinger einen Sockelbetrag von 4.700 Euro spendeten. Weitere Beiträge aus der Privatwirtschaft sollen das Vermögen aufstocken, aus dem der Preis ausgeschüttet wird.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. In einigen Quellen wird der Todestag mit dem 14. März 1982 angegeben.
  2. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50 ff.
  3. Präparandenanstalt. Wikipedia, abgerufen am 6. Juni 2015 | 18:34 Uhr online abrufbar
  4. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50
  5. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50
  6. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 51
  7. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 52
  8. Evi Kurz: The Kissinger Saga; - online verfügbar
  9. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 54
  10. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 89
  11. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 168
  12. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 170
  13. Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 173
  14. Artikel Henry Kissinger aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  15. Jüdisches Unterfranken, Biographische Datenbank. Abgerufen am 7. Juni 2015 | 2:59 Uhr online abrufbar

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