Bachmann, von Blumenthal & Co.

Achtung: Dieser Artikel behandelt den Flughafen auf der Hardhöhe. Informationen zum zivilen Flughafen Fürth-Atzenhof" finden Sie hier: Flughafen.

Firmenlogo Bachmann, von Blumenthal & Co.

Die Anfangsjahre - Gothaer Waggon

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Luftaufnahme der "Waggon" von 1930

Mit dem Jahr 1916 begann die Industrialisierung der heutigen Hardhöhe durch ein produzierendes Gewerbeunternehmen, welches sein Hauptbetätigungsfeld ab 1898 im Eisenwaggon- und Lokomotivbau hatte. Im August des Jahres 1916 kaufte das thüringische Unternehmen “Gothaer Waggon- und Flugzeugfabrik” den neuen Standort auf der heutigen Hardhöhe - unter dem Namen "Bayerische Waggon- und Flugzeugwerke" - für die Fertigung von Eisenbahnwaggons sowie von Flugzeugen, wenn auch nur in kleiner Stückzahl. Durch die große Nachfrage des deutschen Heeres nach Kampfflugzeugen ab 1913 begann das Unternehmen die damals modernste “Waffengattung” als Verkaufsschlager für sich zu entdecken. Die Wahl auf Fürth viel durch die gute Schienenanbindung und der Nähe zum nächstgelegenen (Atzenhofener) zivilen Flugplatz, der 2. Fliegerstation des königlich-bayerischen Militärs. Die Stadt Fürth stellte das knapp 70 Hektar große Gelände zur Verfügung, auf dem in den Jahren 1919 bis 1920 – neben Fertigungshallen – auch eine Startbahn entstand.

Viele Fürther kannten das Unternehmen unter dem Namen “die Waggon”, auch wenn hier später Flugzeuge das Bild dominierten. Der Name stammt vermutlich daher, dass die Bevölkerung den Firmennamen Gothaer Waggon abkürzte zu "Waggon". Eine weitere These beruht darauf, dass zu dieser Zeit sehr viele Güterwaggons zur Reparatur auf der Hardhöhe standen, so dass dieser opitsche Eindruck wesentlich zur Namensgebung beitrug.

Firmengeschichte Bachmann, von Blumenthal & Co. KG 1938 - 1945

Am 14. November 1938 kaufte das Grundstück die in Fürth neugegründete Firma Bachmann, von Blumenthal & Co. KG (BBF) auf. Der Eigentümer Eduard Winter blieb in Berlin, Walther Bachmann (Walther-Bachmann-Flugzeugbau KG im mecklenburgischem Ribnitz / Flugplatz Pütnitz[1]) war in der Anfangszeit als Berater mit eingebunden, aber selbst kaum vor Ort. Wolf-Werner von Blumenthal wurde als Geschäftsführer eingesetzt und leitete des Unternehmens überwiegend in Fürth. Der Gerneralssohn Wolf-Werner von Blumenthal wuchs auf einem Jagdschloss in Pommern (Warcino /(deutsch Varzin[2]) auf und hatte ursprünglich mit Fürth selbst wenig zu tun.

Eigens für die neue Firma wurden zahlreiche Gebäude und eine befestigte Startbahn angelegt, für deren Ausbau im Jahre 1938 auch der 1907 errichtete Bismarckturm abgerissen wurde. Nach dem Verkauf 1938 entwickelte sich die "Waggon" zu einem wichtigen Reparatur-Betrieb für Flugzeuge der Deutschen Luftwaffe (Produktionskennung hpq).

 
ME 109 mit Winter-Tarnung

Das Hauptwerk von BBF befand sich auf der Hardhöhe. Zusätzlich existierten weitere Standorte in unmittelbarer Nähe. Ein Standort zur Herstellung von Ersatzteilen von Tragflächen befand sich westlich zum Burgfarrnbacher Bahnhof (Werk II). Eine weitere Werkstrecke war in der Schwabacher Straße 117/ 119 untergebracht – in einem ehemalichen jüdischen Betrieb, die unmittelbar nach der Progromnacht 1938 ihren Betrieb aufgeben mussten (Mechanische Gummibandweberei und Hostenträgerfabrik Gebr. Heymann)[3].

 
Felsenkeller Alte Veste - Metallveredelungsanlage

Ab 1940 entstand ein vierstöckiger roter Klinkerbau, der vom Reichsluftfahrtministerium als zentrales Lager für verschiedene Flugzeug-Bauteile genutzt wurde. Dieses Gebäude steht heute noch und wird als Möbelhaus genutzt, dem Möbelhaus Flamme. Von hier versorgte man vermutlich neben dem eigenen Betrieb auch weitere Firmen und Flugplätze im fränkischen Ballungsraum.

 
Düsenjäger ME 262 in Fürth

Spätestens ab 1940 arbeitete die BBF sehr eng mit der Fa. Messerschmitt in Augsburg und Regensburg zusammen. Bachmann & von Blumenthal produzierte seine Flugzeugkomponenten bis 1945 in Fürth (Hardhöhe, Burgfarrnbach, Schwabacher Straße) und in Nürnberg. Zu dieser Zeit war die BBF hauptverantwortlich für die Reparatur der "Bf 110"[4], einem zweimotorigen schweren Langstreckenjagdflugzeug und Jagdbomber dessen Tragflächen und Rumpf gänzlich aus Metall bestand. Weitere Flugzeugtypen wurden ebenfalls in Fürth repariert, so der Typ Junkers "Ju 87"[5], die als "Stuka" bekannt wurde, sowie für die Messerschmitt Me 262, den ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt. Daneben spezialisierte man sich auf die Reparatur der ME 210[6], dass ebenfalls ein Jagdflugzeug für Langstrecken war. Neben der Reparatur von Flugzeugen baute man auch zwischen 1941 und 1944 eine kleine Anzahl von Flugzeugen - immerhin 352 Stück.

Als einer der wenigen Rüstungsbetriebe in Fürth (neben Dynamit-Nobel in Stadeln) gehörte der Industrieflughafen zu den bevorzugten Angriffszielen, die von alliierten Flugzeugen bombardiert wurde. Insgesamt 15 Luftangriffe auf die Stadt Fürth sind zu verzeichnen. Dabei wurde das Fürther Werk an der Würzburger Straße dreimal gezielt von amerikanischen Bombern angegriffen[7].

Insbesondere am 25. Februar 1944 um 12:47 Uhr heulten die Luftschutzsirenen auf der Hardhöhe auf. Was die Fürther zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußten, war das der Industrieflughafen dieses Mal Hauptziel eines Angriffes von 161 B-24-Liberator-Bomber der US Streitkräfte[8] war. Bei guter Sicht kamen um 14.15 Uhr in vier Wellen die Bomberverbände aus Richtung Burgfarrnbach nach Fürth, und warfen die tödliche Fracht aus knapp 6 km Höhe über den Flugplatz ab. Es hagelte 993 Sprengbomben zu je 250 kg, fast 6.000 Splitterbomben und 1.192 Flüssigkeitsbrandbomben zu je 50 kg[9]. Die Bilanz: Drei Hallen, das Kesselhaus und die Trafostation der Firma waren vollkommen zerstört. Montagehalle, Dreherei und Metallbau waren zu 20 Prozent, die Vormontage lediglich zu 10 Prozent beschädigt. Die Rollbahn war insbesondere im östlichen Teil von Bombenkratern übersät. Der Werkleiter und der Luftschutzleiter berichteten von einem 100 % Ausfall der Produktion, die erst nach ca. 2 bis 4 Wochen langsam wieder anlief. Weit schlimmer als der Schaden an Gebäuden und Material war der “Schaden” an Menschenleben[10]. Der Angriff vom 25. Februar 1944 forderte 139 Todesopfer und 122 Verletzte[11]. Die hohe Zahl an Toten und Verletzten läßt sich dadurch erklären, das die Werksmitarbeiter sich in falscher Sicherheit wähnten, da die erste Alaramierung kurz vor 13 Uhr erfolgte. Nachdem aber selbst nach einer Stunde immer noch keine Bomberverbände in Fürth zu sehen waren, gingen die Menschen - trotz Warung - wieder aus den Luftschutzkellern raus zur Arbeit. Kurze Zeit später waren die Bomberverbände jedoch über Fürth und warfen ihre tödliche Fracht ab. Für eine Flucht in die rettende Luftschuztkeller war es für die meisten nun zu spät[12]. Aus heutiger Sicht ist aus den Akten des britischen "Ministry of Home Security" bekannt, dass man an diesem Tag die deutschen Nachtjäger direkt in den Werkshallen und auf den Flugplätzen nachhaltig treffen wollte. Die zwar schon in die Jahre gekommene Me 110 bildete 1944 immer noch das Rückgrat der deutschen Luftverbände. Deshalb bombadierte man zeitgleich auch die Flugzeugwerke in Braunschweig und Gotha[13].

 
US-Aufklärungsbild Feb. 1945

Der zweite Angriff am 10. September erfolgte gegen 12 Uhr und dauerte rund 90 Minuten. Neben Burgfarrnbach (hier war Werk II das Ziel) wurde wiederum die BBF angegriffen und schwer zerstört. Weitere Angriffe auf das Werk auf der Hardhöhe erfolgten am 26. November 1944 (gegen 24 Uhr) und der der letzte Angriff erfolgte am 8. April 1945[14]. 89 "Liberator" zerstörten den Rest, der noch stehen geblieben war. Laut Zeitzeugen war das Areal danach "total zerstört". Schwer getroffen wurde auch die Siedlung im Süden der BBF, da der Angriff sehr weit im Süden lag. Es wurden 154,5 Tonnen Spreng- und 54 Tonnen Brandbomben abgeworfen. Die Reparatur der Maschinen fand zu diesem Zeitpunkt schon längst an anderen Orten statt.

Auf Grund der mehrmaligen Luftangriffe der Allierten hatte ab Jahre 1944 auch die BBF Teile der Fertigungs- und Lagerstätten von den eigentlichen Produktionstätten verlagert. Hierzu wurden u.a die Bierkeller in der Innenstadt (Geismann- und Humbserkeller, oberer kleiner Bergbräukeller am Fritz-Mailaender-Weg als Werkluftschutzraum, ein Bereich des Grünerbräukeller), in den Landkreis Fürth (u. a. nach Zirndorf) und unter die Alten Veste genutzt. Auch in die Nürnberger Kongreßhalle wurden Teile der Produktion eingelagert. Ein weiteres Werk (Montagehalle) in der Nähe des Flugplatzes Unterschlauersbach war im Bau, wurde jedoch bis Kriegsende nicht mehr fertig. Zum Teil wurden auch Teile der Produktion über en ehem. Flughafen Oettingen/ Heuberg eingeflogen[15].

Nachkriegszeit

Nach der Einnahme Fürths durch amerikanische Truppen nutzte zunächst die US-Airforce das Fluggelände. Es gibt Filmaufnahmen, die startende amerikanische Jagdflugzeuge auf der Startbahn der BBF zeigen. Gleich nach der Einnahme Fürths durch die US-Army sollen von hier aus Angriffe auf Nürnberg und vor allem nach Süddeutschland geflogen worden sein. Auch Zeitzeugen berichten von amerikanische Flugzeugen mit "unter den Tragflächen hängenden Bomben".

Im Jahr 1949 erfolgte schließlich die Schaffung einer provisorischen Flugplatz-Verwaltung mit deutschem Personal, die den Betrieb am “Industrieflughafen Nürnberg-Fürth” im Folgejahr aufnahm. Der Flughafen diente in den kommenden fünf Jahren als Provisorium und leistete wichtige Dienste, besonders für den Warenverkehr. Die Landebahn wurde mittels Stahlplatten verstärkt und verlängert, um auch für die schwerer werdenden Flugzeuge auszureichen. Der internationale Flugbetrieb endete am 6. April 1955, als der neue Flughafen “Nürnberg-Kraftshof” seinen Betrieb aufnahm – dem heute noch bekannten Flughafen im Nürnberger Knoblauchsland. Damit endete schließlich auch das Kapitel des Luftverkehrs in Fürth.

Die Firma BBF wurde 1943 in die Geheimliste aufgenommen, und verlegte deshalb ihren Firmensitz Anfang 1944 nach Berlin. Nach dem Krieg existierte das Unternehmen weiter. 1949 wurden Eduard Winter und Wolf-Werner von Blumenthal entnazifiziert, beide waren keine Parteimitglieder und wurden so in die Gruppe 5 (Entlastete) eingeteilt. 1950 war der Firmensitz kurzfristig in Hamburg, im Frühjahr 1952 bekam er in Berlin die Gewerbezulassung, zwei Jahre später jedoch beschlossen die Gesellschafter die Auflösung. 1973 erlosch die Berliner Gewerbezulassung und am 14. März 1973 wurde sie aus dem Handelregister gelöscht.

 
Möbelhaus Flamme von Westen im Jahr 2007

Das Gelände, auf dem sich einst der “Industrieflughafen” befand, wurde ab dem Jahr 1957 komplett überbaut. Heute erinnert kaum noch etwas vor Ort an den Flughafen, lediglich ein Gebäude aus dem Jahr 1940 ist erhalten. Dieses befindet sich in der Hardstraße und beherbergt das Möbelhaus "Flamme Möbel". Der verklinkerte Bau stand außerhalb des eigentlichen Geländes der "BBF", war extra bewacht und gehörte nicht zum eigentlichen Werk. Als sogenanntes "Elbag-Lager" (Luftfahrtbedarf Aktiengesellschaft, den Fürthern als "Reichslager" oder "Reichseigenes Lager" bekannt) unterstand es der Luftwaffe, denn hier lagerten die von der Luftwaffe bezahlten Ersatzteile. Nachdem ein Flugzeug im Elbag-Lager begutachtet war, wurde es mit den nötigen Ersatzteilen an die BBF zur Reparatur/Umrüstung übergeben. Auch Spuren der Flugplatzbahn (das Elbag-Lager hatte einen direkten Bahnanschluss mit eigenem Gleis, der zudem das Elbag-Lager mit den Hallen der BBF veband) und des alten Zaunes sind zurzeit dort noch zu sehen. Ebenfalls "erhalten" ist ein Stück der ehem. Start- und Landebahn als Grünstreifen zwischen Gauß- und Voltastraße.

Literatur

Siehe auch

Galerie

Einzelnachweise

  1. Wikipedia: Walther-Bachmann-Flugzeugbau, abgerufen 27.01.14 Wikipedia
  2. Anmerkung: Das Schloss in Varzin wurde durch Werner Ewald von Blumenthal am 7. Juni 1867 verkauft an den damaligen preußischen Ministerpräsident Otto von Bismarck. Varzin blieb bis 1945 im Besitz der Familie von Bismarck. Wikipedia
  3. Schwabacher Straße 117/ 119. In: Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth, Lipp, 1994, S. 374
  4. Messerschmitt Bf 110: Bayerische Flugzeugwerke AG / Messerschmidt AG ab 1938. In: Wikipedia. Abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
  5. Junkers Ju 87. In: Wikipedia. Abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
  6. Messerschmitt Me 210 - Bayerische Flugzeugwerke AG / Messerschmidt AG ab 1938. In: Wikipedia. Abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
  7. Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 40
  8. Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 39
  9. Georg Wolfgang Schramm: Bombenhagel traff "Waggon". In: Nürnberger Nachrichten vom 25. Februar 1984
  10. Georg Wolfgang Schramm: Bombenhagel traff "Waggon". In: Nürnberger Nachrichten vom 25. Februar 1984
  11. Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 39
  12. Fürther Nachrichten, vom 25. Februar 1964
  13. Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 39
  14. Winfried Roschmann, Persönlicher Brief vom 28. Dezember 1983, Zeitgeschichtliche Sammlung Stadtarchiv Fürth
  15. Geschichtsspuren.de - ehem. Flugplatz Oettingen/Heuberg, Abgerufen 27.01.14 HP