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Ästhetik bedürfen sie im Zuge einer Renovierung oder Mo­ dernisierung einiger, im einzelnen unterschiedlicher A u f­ wertung. Diese so erneuerten Objekte können dann in ihrer Gesamtsumme auch der ganzen A lt- und Innenstadt einen attraktiveren Anstrich verleihen. Denn schon Aristoteles kam in grauer Vorzeit (ohne Bezug zu Fürthl) zu seiner be­ rühmten Erkenntnis, daß das Ganze mehr als die Summe seiner Teile sei. Er dachte dabei offenbar auch an den histo­ rischen Fürther Stadtkern, der seine besondere Ansehnlich­ keit eben vor allem aus der vielfältig und kleinteilig struk­ turierten Ensemblewirkung völlig verschiedener Einzel­ elemente bezieht. Und Farbe kann m it all ihren psycholo­ gischen Einflüssen und ihrem Anmutungscharakter neben spezifischen Materialwirkungen einen eminenten Faktor in diesem ästhetischen Instrumentarium darstellen.

FÜRTH - ODER: WIE ZWINGT MAN GRAU RAUS UND FARBE REIN? (MÖGLICHKEITEN GEGENWARTSBEZOGENER, FARB­ ORIENTIERTER DENKMALPFLEGE) Daß „Fürth in Bayern" liegt, wissen viele (manche freilich auch nicht); daß Fürth „die Stadt im Grünen" (so hoch­ offiziell die lokalen Werbeprospekte), „am Europakanal" ist (ja, natürlich auch noch „die Stadt des Sports", „der Quelle" usw.), das wiederum wissen schon weniger Men­ schen. Denn das sieht man nicht immer gleich so deut­ lich, obgleich die weiten natürlichen Wiesenflächen und Flußtäler innerhalb des Stadtgebietes tatsächlich noch (dank Landschaftsschutzplan) einen erheblichen Anteil des Fürther Bodens ausmachen. Daß darüber hinaus Fürth „die Stadt im Grauen" (gemeint ist die „Farbe") ist, dies sehen nur allzu viele. Der Frankfurter PEN-Club-Schriftsteller Horst Krüger hat einmal geschrieben, daß Fürth „aussieht, wie man sich die DDR vo rstcllt". Nun mögen die Vorstellungen davon durch­ aus individuell unterschiedlich sein, eines dürften sie wohl alle gemeinsam haben: ein recht heruntergekommener äußerer Zustand, von trostlosem Einheitsgrau gleichmäßig überzogen, der eine Farbauffrischung (wörtlich zu neh­ men) bitter nötig hätte. Nun soll nicht das äußere Erscheinungsbild Fürths, insbe­ sondere seiner Altstadt pauschal verteufelt werden. Dies stünde einer Bürgerinitiative, die angetreten ist, einen großen Teil ihrer Stadt wieder auf leben zu lassen, auch schlecht an. Dennoch darf neben engagiertem Lokalpatrio­ tismus und persönlichem Einsatz für die Heimatstadt die Distanz kritischer Erkenntnis nicht aufgegeben werden. Und gerade sie läßt eben den Blick schärfer werden für allenthalben feststellbare Tatsachen, die kein noch so Fürthfreundlicher Mensch übersehen kann. Wenn auch der weitere bzw. totale Verfall der Fürther A lt­ stadt nicht zuletzt durch die Bürgervereinigung A ltstadt­ viertel St. Michael in den letzten Jahren gebremst werden konnte, so bleiben doch noch zahlreiche Aufgaben für die Zukunft. Eine entscheidende Forderung heißt (neben Wohnwertsteigerung, Kommunikationsförderung etc.): Mehr Farbe in das Fürther Altstadt-Einheitsgrau zu bringen. Die noch verbliebene Fürther Altstadt besteht, von wenigen Ausnahmen abgesehen (die Kirche St. Michael, einige Fach­ werkanwesen) im wesentlichen aus nur ensemblewirksamen Durchschnittsbauwerken quer durch die neuere Stilge­ schichte (beginnend m it dem 16./17. Jahrhundert, dom i­ nierend das 19. Jahrhundert). Sie haben mehr kulturhisto­ rischen als kunsthistorischen Wert. Wegen ihrer zwar reiz­ vollen und liebenswerten, aber doch eben mittelmäßigen 14

Nun gibt es aber ein Denkmalschutzgesetz und darüber hinaus im Fürther St. Michaels-Viertel eine Baugestal­ tungsverordnung (die auch vom Altstadtverein m itent­ w ickelt wurde und durchaus auch heute noch verantwor­ tet wird), die belebungsorientierten Intiativen so manche Einschränkungen auferlegen (von denen es natürlich im Einzelfall wieder Ausnahmen geben kann). Freilich ist nirgendwo festgelegt, daß Denkmalschutz, vor allem wenn er sich gegenwartsbezogen bzw. zukunftsorien­ tie rt geben w ill, allzu puristisch, d.h. einseitig auf ein gerade noch in Ansätzen lebendiges Frcilandmuscum etwa alt­ fränkisch-städtischen Charakters ausgerichtet sein muß. Was hülfe es den Lebenden, wenn sie - ausgestattet m it historisch getreuer, fränkisch-bodenständiger Denkmal­ pflege nach dem Vorbild ihrer Altvorderen doch Schaden nähmen an ihrer Seele...? Konkret heißt das: es g ilt, die vielfältigen Forderungen unserer Gegenwart, z.B. eben auch die nach mehr Farbe im architektonischen Bereich, stärker zu berücksichtigen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Zudem mangelt es an einem objektiven oder gar obliga torischen Kriterienkatalog absolut, was denn nun z.B. fränkisch sei (welches Franken? welche Phase der Ver­ gangenheit angesichts dauernden Wandels? etc.). Wie wäre es sonst denkbar, daß z.B. in der Nachbarstadt Nürnberg und in zahllosen anderen Orten unserer näheren und wei­ teren Umgebung völlig unterschiedliche Renovierungsob­ jekte aus jüngster Zeit (was Materialverwendung, Gesamt­ farbanlegung und farbige Kontraste anbelangt) gleich­ zeitig und durchaus friedlich nebeneinander existieren? Allesamt abgesegnet als offensichtlich „fränkisch" durch die offenbar doch m it nur vermeintlich objektiveinheit­ lichen Maximen, in W irklichkeit höchst differenziert ur­ teilenden Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege! Oder sollte eine derartig unterschiedliche, deshalb abso­ lut belebende und somit begrüßenswerte Form von Denk­ malpflege nur aus dem unterschiedlichen Durchsetzungs­ vermögen der einzelnen Gemeinden gegenüber der ober­ sten Denkmalschutzbehörde resultieren? Liest man aufmerksam die deutsche und europäische Denkmalschutzliteratur, so wird man feststellen, daß sich die Experten über A rt und Anwendung der ver­ schiedenen Bestimmungen (zum Glück!) durchaus nicht einig sind, daß verschiedene Richtungen von Denkmal­ pflege (puristisch auf Vergangenheit bezogen, aufgeschlos­ sen gegenüber Forderungen der Moderne'etc.) durchaus nebeneinander gleichwertig bestehen. Und gerade sie ma­ chen letztendlich das pluralistische und lebendige Bild so vieler Städte aus (trotz/wegen bewußter Einflußnahme durch die Denkmalschutzbehörden)!

Schlehenstraße/Lilienstraße

(Zeichnung:

Ernst

Wilfert)