Westvorstadt

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Typisches Gebäude der Villenkolonie

Die sogenannte Westvorstadt stellt keinen eigenen Stadtteil dar und gehört politisch zu Dambach. Das Gebiet wird umgrenzt von der Bahnstrecke Nürnberg–Würzburg im Norden, der Breslauer Straße im Westen, der Hardenbergstraße im Süden und der Bahnlinie nach Cadolzburg im Osten.

Die Westvorstadt kann grob in zwei Siedlungsgebiete unterteilt werden. Für den älteren Teil östlich der Uhlandstraße bis zur Parkstraße im Osten hat sich im Volksmund bereits früh die Bezeichnung Villenkolonie eingebürgert. Der Teil westlich der Uhlandstraße entstand in den 1950er Jahren für amerikanische Stabsoffiziere und Oberste und ist bekannt als US-Offizierssiedlung bzw. Dambach Housing Area.


Entstehung[Bearbeiten]

Die Villenkolonie[Bearbeiten]

Gegen Ende des 19. Jahrhunderst wollten einge der Fürther Bürger zumindest kurzzeitig dem Lärm und der schlechten Luft in der Stadt entfliehen. Sie wollten die Annehmlichkeiten der Stadt nicht missen, dies aber mit den Vorteilen eines Landaufenthaltes verbinden. Als besonders geeignet erschien die leichte Anhöhe im Westen der Stadt. So baute der Spielwarenfabrikant Johann Philipp Kreß 1885 als erster ein kleines Gartenhaus, damalige Adresse Scherbsgraben, heute Lindenstraße 9. Noch vor 1900 kamen weitere Gartenhäuser dazu. Schon 1892 errichtete die private Münchener Localbahn-Actiengesellschaft an der Bahnlinie nach Cadolzburg eine Bahnhaltestelle für einen westlichen Stadtteil. Heute findet sich diese Haltestelle Fürth-Westvorstadt an der Parkstraße. Im Jahr 1900 definierte die Stadt Fürth offiziell ein neues Baugelände westlich der Cadolzburger Bahn und südlich der Würzburger Bahnlinie. Allerdings übernahm nicht die Stadt die Planung für dieses Gebiet, sondern reiche Fürther Bürger kauften von Dambacher Bauern größere Ackerflächen, um zunächst einmal Garten- oder Sommerhäuser darauf zu bauen. Da die Stadt, nach der Eingemeindung von Dambach, ab 1901 für die weitere Entwicklung zuständig war, kam es immer häufiger zu Petitionen der Fabrikanten, Unternehmer, Rechtsanwälte und Direktoren, die sich im Westen niedergelassen hatten. Sie ließen die ersten Sommerhäuser auch bald wieder abreißen und durch repräsentative Villen ersetzen.

Zu den ersten Villen gehörten die Lindenstraße 17 von Kaufmann Paul Bauer, Lindenstraße 18 von Kaufmann Nikolaus Bauer und Uhlandstraße 3 von Möbelfabrikant Fritz Scheidig. Da immer neue Gebäude dazukamen, erließ die Stadt Fürth 1906 eine Bausatzung und 1908 eine überarbeitete Form. Darin wurde unter anderem die Größe und Form der Häuser beschränkt, aber auch festgelegt, dass die Hälfte des Grundstücks unbebaut bleiben sollte sowie keine Vermietungen zulässig waren. Es sollte ein Viertel im Grünen sein mit freistehenden, schönen Villen, eingebettet in große Gärten, keine Störung durch irgendwelche Gewerbe, kein Durchgangsverkehr, Ruhe, saubere Luft.[1] Anfangs war die Infrastruktur noch sehr dürftig. Erst nach und nach wurden eine Wasserleitung gelegt (1901), Gas- und Elektroanschlüsse gebaut und mit der Gasleitung dann auch eine Straßenbeleuchtung ermöglicht (1909). 1919 kam dann auch die Kanalisation, aber eine geplante Brücke als hochwasserfreier Talübergang in Verlängerung der Karolinenstraße oder einer ihrer Parallelstraßen wurde nie gebaut. Es blieb bei den Zufahrten über die Billinganlage oder die Fuchsstraße. Während in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg neue Gebäude teilweise in Bauhaus-Archtektur entstanden, zum Beispiel Schwedenstraße 19, wurden im Nationalsozialismus eher einfache, kleinere Häuser mit spitzen Giebeln und Satteldächern gebaut, zum Beispiel Uhlandstraße 36.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden etliche der Villen durch die Amerikaner beschlagnahmt. Hier wurden Offiziere untergebracht oder auch vorübergehend der Chefankläger der Nürnberger Prozesse, Benjamin Ferencz. Er wohnte in der Soldan-Villa, Lindenstraße 33. In der Nachkriegszeit wurden manche alte Villen abgerissen, neue Häuser entstanden, aber nicht mehr nach einheitlichen Kriterien. Mitte der 1990er Jahre wollte Oberbürgermeister Lichtenberg die großen Grundstücke teilen und bebauen lassen. Stadtrat Joachim Krauße setzte sich jedoch für den Erhalt der städtebaulich besonderen Villenkolonie ein, dem der Bauausschuss 1995 zustimmte. Inzwischen gibt es sogar eine Veränderungssperre, die Teilungen auch zukünftig verhindern soll.

Die Dambacher Offizierssiedlung[Bearbeiten]

Die ehem. US-Offizierssiedlung in Dambach, Aug. 2021

Die US-Offizierssiedlung entstand in den 1950er Jahren und zieht sich über drei geschwungene Straßenzüge. Die Beethoven- und Haydnstraße bilden eine Schlaufe aus. Um ein Rondell mit einem ehemaligen Wasserbassin werden im Norden die Haydn- und Brahmsstraße zusammengeführt. Mit ihrem ganz anderen Wohnungsbaukonzept der Offenheit und Transparenz wollten die Amerikaner auch ihre demokratische Gesellschaftsordnung zum Ausdruck bringen. Als sie 1995 diese Siedlung räumten, wurde sie vom Landesamt für Denkmalpflege unter Denkmalschutz gestellt und von der Stadt Fürth eine Erhaltungssatzung erlassen.

Literatur[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Barbara Ohm: Die Dambacher Villenkolonie - Häuser, Menschen, Geschichte. In: Fürther Geschichtsblätter, Ausgabe 2/2024, S. 37

Bilder[Bearbeiten]