Berolzheimerianum

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Berolzheimerianum SE.jpg
Das Berolzheimerianum von Süd-Ost. Vereinfachter Wiederaufbau der Dachlandschaft nach Kriegsschaden (Turm und Dachgauben)
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Objekt
Berolzheimerianum, ehemaliges Volksbildungshaus, jetzt Theatergebäude
Baujahr
1906
Bauherr
Heinrich Berolzheimer
Architekt
Otto Holzer, Alfred Ammon, Josef Zizler
Geokoordinate
49° 28' 15.00" N, 10° 59' 14.00" E
Quellangaben
[[Quellangaben::BLfD - Denkmalliste Fürth]]

Das Berolzheimerianum wurde 1906 im Beisein von Prinz Ludwig eingeweiht und geht auf eine Stiftung des Fabrikanten Heinrich Berolzheimer (zusammen mit seinen Söhnen Emil und Philip) über 223.000 Goldmark zurück. Zweck der Stiftung war die Schaffung eines Volksbildungsheimes, das kostenlos allen Fürthern zur Verfügung stehen sollte. Das Gebäude beherbergte auch die Volksbücherei. Während des Ersten Weltkriegs wurde im Saal des Berolzheimerianums ein Reservelazarett für verwundete Soldaten eingerichtet. Seit 22. September 1998 dient es - unter Hintanstellung des festgelegten Stiftungszwecks - der Comödie Fürth als Spielort und Restaurant.

Beschreibung des Baudenkmals

Asymmetrischer Gruppenbau mit reich gegliederten Putzfassaden und Sandsteinsockel, im Süden dreigeschossiger Saalbau mit Satteldach, leicht geschweiften Giebeln und Zwerchhäusern, im Norden zweigeschossiger Eingangsbau mit Walmdach und Seitenrisalit mit Zwerchgiebel, Jugendstil-Formen, von Otto Holzer mit Alfred Ammon und Josef Zizler, 1904-1906, 1950-52 z. T. vereinfacht wiederhergestellt; Einfriedung, Sandsteinmauer mit Pfeilern im Winkel zwischen Saalbau und Eingangsbau sowie Toreinfahrt südlich des Saalbaus, gleichzeitig.

Volksbücherei während des Nationalsozialismus

Eine jüdische Stiftung während des Nationalsozialismus war im Sinne des NS-Regime undenkbar. Deshalb wurden bereits nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten alle Andenken an die jüdischen Stifter beseitigt: die Fassadeninschrift "Berolzheimerianum" weggemeißelt und eine Steinbüste von Heinrich Berolzheimer entfernt.[1] Das Berolzheimerianum wurde kurzerhand zum "Volksbildungszentrum" umgewidmet. Ab dem 1. April 1937 wurde das Volksbildungsheim samt Bibliothek durch die städtische Verwaltung vollständig übernommen, der Bildungsverein im Zuge der Gleichschaltung aufgelöst. Sowohl die Bücherei als auch der Vortragssaal wurden den NS-Vereinen und Gliederungen mit zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Leiter der Einrichtung wurde der damalige Stadtarchivar Dr. Schwammberger.

Die Bibliothek hatte zum Stand 1. April 1937 ca. 20.000 Bücher im Bestand, allerdings wurde der Zustand der Bücher als sehr schlecht beschrieben. Lediglich 3.000 Bücher seien noch in einem relativ guten Zustand gewesen. Der Betrieb wurde durch einen "Volksbildungsverein" sicher gestellt, der durch seine finanziellen Mittel regelmäßig auch Neuanschaffungen tätigte.

Für die folgenden Jahren werden statistisch die Anzahl der Leser angegeben:

  • 1935/36 - 19.840 Bücherei-Nutzer
  • 1936/37 - 18.166 Bücherei-Nutzer
  • 1937/38 - 22.069 Bücherei-Nutzer

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem 2. Weltkrieg bleibt zunächst die Bücherei geschlossen. In einem Schreiben vom 1. August 1945 der Stadt Fürth an die Militärregierung wird nachgewiesen, dass alle Bücher, die die Natzipartei und ihre Lehren empfehlen, preisen oder verherrlichen, [sind] schon im April von den Bücherregalen entfernt und in einem besonderen Raum untergebracht wurden. Die militärischen Bücher sind noch nicht aus den Bücherregalen entfernt, sie werden aber nicht mehr ausgeliehen.[2]

Die Bücherei nimmt erst am 15. April 1946 wieder ihren Betrieb auf; erneut unter dem Namen des Stifters: Heinrich Berolzheimer bzw. unter dem Namen Berolzheimerianum.

Anschrift

Im Dezember 2016 wurde die Anschrift des Gebäudes durch einen Stadtratsbeschluss geändert. Die ursprüngliche Adresse Theresienstraße 1 wurde umgewidmet in Comödien-Platz 1.

Bronzestandbild

Ehemaliges Bronzestandbild um 1907

In einer Nische an der Ostfassade wurde am 26. Mai 1906 ein Bronzestandbild des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllt.[3] Das Denkmal wurde nach dem Entwurf des Bildhauers Wilhelm von Rümann geschaffen und zeigte den Prinzregenten Luitpold "in der Tracht des Hubertus-Ritterordens mit Hermelinmantel".[4]

1940 wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus "Nichteisenmetallen" angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur "Metallspende des deutschen Volkes". Das Standbild wird dort unter Pos. 2 geführt mit dem Vermerk " Zuführung zu befürworten". An einem Verbleib vor Ort war man also nicht interessiert, man befand: "An der Fassade des Volksbildungsheimes wirkt das unterlebensgroße Standbild kleinlich und findet bei seinem hochgelegenen Standpunkt kaum eine Beachtung", sprach aber von einem "an sich künstlerischen Wert".[4] Das Bayerische Landesamt für Denkmalspflege sah in seinem Gutachten vom November 1940 "keinen größeren künstlerischen Wert" und schloss sich dem Vorschlag der Stadt zur Entfernung an. Im Oktober 1941 wurde die Figur zusammen mit zwei anderen Bronzeobjekten zur Demontage freigegeben. Im Januar 1942 wurden die Bronzen dann an eine Münchener Metallverarbeitungsfirma versandt und dort höchstwahrscheinlich eingeschmolzen[5] - letzte Gewissheit über die vollzogene Einschmelzung gibt es jedoch nicht.

Sonstiges

Im November 1948 kam es zu einem Vorfall, der in der örtlichen Presse großes Echo hervorrief. Eine gewisse Frau Oerter hatte sich im Berolzheimerianum ein Buch ausgeliehen, dass - wie sich zum Erstaunen der Buchausleiherin herausstellte - den Nationalsozialismus verherrlichte. Nachdem sie die beiden Angestellten des Berolzheimerianums auf diesen Umstand hingewiesen hatte, wurde sie "abgewimmelt" und nach ihren Schilderungen beschimpft. Daraufhin wandte sich Frau Oerter an den befreundeten Stadtrat Grünbaum, der den Fall nun in den Stadtrat und an die örtliche Presse brachte. Gleichzeitig wendete sich Grünbaum schriftlich an den Oberbürgermeister Bornkessel mit dem Sachverhalt. Diese Beschwerde wurde wiederum von Seiten der Angestellten des Berolzheimerianums als Affront empfunden, sodass sich die Emotionen hochschaukelten, wie der Presse und dem Schriftverkehr zu entnehmen ist. Mit einer Entschuldigung aller Beteiligten wurde der Fall schließlich nach mehreren Schreiben und Monaten aus der Welt geschafft.[6]

Comödie Fürth und Grüner Brauhaus

Martin Rassau und Volker Heißmann im großen Saal im 1. OG

Die Betreiber der Comödie Fürth nutzten das Gebäude seit 1998 für Theaterveranstaltungen. Dazu wurden die Räume immer wieder umgebaut und mit moderner Technik ausgestattet, das Grüner Brauhaus als Gastronomie eingerichtet. Der Veranstaltungsraum mit Bühne befindet sich im ersten Stock, im zweiten Stock findet man weitere Sitzplätze. Im Jahr 2020 wurde unter Projektverwaltung der WBG, die im Auftrag der Heinrich Berolzheimer'schen Jubiläumsstiftung das Berolzheimerianum verwaltet, ein gläserner Aufzug eingebaut, der nun einen barrierefreien Zugang zu den Obergeschossen ermöglichte. Während der Corona-Pandemie 2020 und 2021 waren Comödie und Brauhaus meist geschlossen. Ab dem 28. April 2021 wurde deshalb im Brauhaus ein Corona-Schnelltestzentrum eingerichtet.[7]

Tourismus

»Zeitverschiebung«

Hier kann per horizontaler Mauszeigerbewegung zwischen zwei deckungsgleich übereinandergelegten Fotos aus verschiedenen Epochen gewechselt werden:



  • Foto alt: historische Aufnahme von 1907
  • Foto neu: Aufnahme von 2017 (Foto und Anpassung: Robert Söllner)

Literatur

Aufsatz vom 12. Juni 1907
  • Das Berolzheimerianum (Volksbildungsheim) in Fuerth : Zur Eröffnung des Hauses am 26. Mai 1906, dem Festtage der 100jährigen Vereinigung der Stadt Fürth mit der Krone Bayern, erstatteter Bericht Fürth : Schröder, 1906. - 18 S., 11 Tafeln
  • Neue Bauten in Fürth. I Berolzheimerianum. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 37, 1906, S. 289 - 293
  • Das Berolzheimerianum (Volksbildungsheim) in Fürth. In: Deutsche Bauzeitung, 41. Jg., Nr. 47 vom 12. Juni 1907, S. 329 - 331 - siehe rechts
  • 25 Jahre Berolzheimerianum : 26. Bericht des Fürther Volksbildungsvereins für das Vereinsjahr 1931/32 Fürth i. Bay. : Schröder, 1932
  • Künstlerlexikon Thieme-Becker, Band 29, S. 170

Lokalberichterstattung

  • In der Comödie Fürth geht´s jetzt bequem nach oben. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 18 vom 7. Oktober 2020, S. 6 – PDF-Datei
  • Birgit Heidingsfelder: Schnelltests statt Schnitzel. In: Fürther Nachrichten vom 26. April 2021 (Druckausgabe) bzw. Grüner Brauhaus wird zum Schnelltestzentrum. In: nordbayern.de vom 26. April 2021 - online abrufbar

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Berolzheimer Collection 1325-1942 - online-Digitalisat
  2. Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1, Schreiben des Referat II vom 1. August 1945
  3. Stadtarchiv Fürth, Zeitgeschichtliche Sammlung, Allgemeines, Denkmäler: Nordbayerische Zeitung, 27. Januar 1925: Denkmäler, Gedenksteine und Gedenktafeln in Fürth
  4. 4,0 4,1 Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/37, Denkmäler aus Nichteisenmetallen. Erfassung, Abbau, Einlagerung und Ablieferung, Meldebogen vom 6. August 1940
  5. Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017
  6. Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1 - Schreiben von November 1948 bis 1949
  7. Grüner Brauhaus wird zum Schnelltestzentrum. In: nordbayern.de vom 26. April 2021 - online abrufbar

Bilder

Videos

Höfefest 2018 Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.