Irma Kraus

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Dr. Irmgard "Irma" Kraus.

Dr. Irmgard "Irma" Kraus (geb. 12. Mai 1896 in Neustadt/Aisch; gest. 6. Juni 1942 in Ravensbrück) war eine jüdische (Frauen-) Ärztin in Fürth.

Lehre und Studium[Bearbeiten]

Irma Kraus studierte Humanmedizin in Erlangen und Würzburg, ihr Medizinpraktikum absolvierte sie am städtischem Klinikum ab 1. Januar 1924. 1920 approbierte sie in Würzburg, 1924 erhielt sie ihre Promotion (Erlangen). Das Thema ihrer Dissertation war: Beitrag zur operativen Behandlung von Verletzungen des Herzens (bei Stich- und Schussverletzungen). Ab dem 25. April 1924 führte sie gemeinsam mit ihrem Bruder Dr. Hans Kraus eine Praxisgemeinschaft in Fürth. Dr. Hans Kraus arbeitete als Frauenarzt und bewarb sich 1925 ebenfalls um die Stelle des Ärztlichen Leiters des Nathanstifts. Die Stelle wurde jedoch an Dr. Richard Fleischer vergeben. Dr. Hans Kraus starb 1930 unter ungeklärten Umständen.

Verfolgung im Nationalsozialismus[Bearbeiten]

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ab 1933 ging die systematische Existenzvernichtung und Verfolgung jüdischer Ärzte einher. Durch eine "Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen" wurde sog. "nicht-arischen" Ärzten die Behandlung arischer Personen zum 1. Juli 1933 untersagt.[1] In der Folge musste Dr. Kraus ihre Hausangestellte aufgrund der "Verschlechterung meiner Wirtschaftslage" entlassen.[2] Am 4. Juli 1935 wurde Dr. Kraus inhaftiert und anschließend in einem politisch motivierten Gerichtsverfahren noch im gleichen Monat die "gewerbsmäßige Abtreibung" vorgeworfen. Im Verlauf des Verfahrens gab Dr. Kraus zu, "auf Bitten" der Frauen "geeignete Eingriffe und Mittel zur Beseitigung der Schwangerschaft" herbei geführt zu haben, in einem Fall etwa, weil die Patientin ihr suizidgefährdet erschien. Nach Angaben von Dr. Kraus handelte es sich in der Regel stets um Frauen, die aus sozialen Gründen nicht in der Lage waren ihre Partner zu heiraten. Das Gericht folgte jedoch nicht ihrer Argumentation aus "Mitleid" gehandelt zu haben, da ihr Einkommen "nach ihren eigenen glaubhaften Angaben nach der Machtergreifung sehr zurückgegangen" sei und sie somit "bestrebt war, auf alle Weise, auch auf gesetzlich nicht erlaubtem Weg, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen, um ihr Leben fristen zu können."[3] Dieser Vorwurf hatte reichsweit System: erst wurde jüdischen Ärzten die kassenärztlichen Einnahmequellen gesetzlich entzogen - um ihnen dann im Anschluss den Vorwurf zu machen, dass sie sich auf "nicht erlaubten Wege" durch Privatliquidation doch noch den Beruf ausübten um ihre Existenz zu sichern. Was zuvor noch durch Verordnungen geregelt war wurde am 25. Juli 1938 zum Gesetz. Damit wurde allen jüdischen Ärzten die berufliche Existenz entzogen, in dem Ihnen die Approbation aberkannt wurde.[4]

Im November 1935 wurde sie zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt. Weiterhin wurden ihr für die Dauer von fünf Jahren die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen, da sie "durch ihr Verhalten eine äußerst ehrlose Gesinnung an den Tag gelegt" hat. Ihre "Strafe" saß Dr. Kraus bis zum 8. August 1941 im Gefängnis in Aichach ab. Anschließend wurde sie in das Konzentrationslager Ravenbrück gebracht, wo sie am 06. Juni 1942 verstarb. Zuvor wurde ihr am 30. Mai 1941 die Doktorwürde durch einen Beschluss der Universtität Erlangen aberkannt.[5] Schon vorher hatte die Regierung von Oberfranken und Mittelfranken mit Bescheid vom 8. Oktober 1936 die Bestallung als Arzt zurückgenommen; die Stadt Fürth wurde beauftragt, die Approbationsbescheinigung einzuziehen.[6] Ihre Geschwister Selma und Felix wurden im November 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert und gelten seit dem als verschollen. Gleiches gilt für die Schwester Hedwig, die im März 1942 gemeinsam mit dem Juristen Paul Sahlmann und 260 weiteren Fürtherinnen und Fürther nach Izbica deportiert wurde. Sie und alle anderen gelten ebenfalls als verschollen.[7]

Siehe auch[Bearbeiten]

Lokalberichterstattung[Bearbeiten]

Literatur & Weblinks[Bearbeiten]

  • Herausforderungen, 100 Jahre Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Anthuber, Beckmann, Dietl, Dross, Frobenius (Hrsg.), Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2012, S. 95 ff.
  • Nathanstift und Frauenklinik in Fürth, Barbara Ohm, Kamran Salimi (Herausgeber; Klinikum Fürth), Fürth, 2010
  • Gisela Naomi Blume - Memorbuch Fürth - Stand 02.01.2013 | 22:54 Uhr

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Ärztliche Standespolitik im Nationalsozialismus. Schwoch Rebecca, Husum 2001, S. 298
  2. Schreiben Dr. Irma Kraus vom 15. Juli 1933, Jüdisches Museum Franken
  3. Universitätsarchiv Erlangen, A1/3a 346e 1923/ 24-25
  4. Anmerkung: 1933 gab es im gesamten Reich ca. 9.000 jüdische Ärzte. Die bis 1938 noch verbliebenen 3152 jüdischen Ärzte wurden durch den Approbationsentzug von einem auf den anderen Tag ihrer Existenz beraubt. Spätestens jetzt versuchten die noch verbliebenen jüdischen Ärzte den Weg ins Exil - für viele war es jedoch leider viel zu spät, so dass sie dem Tod durch Deportation nicht mehr entgehen konnten und ihr Leben in einem KZ beendeten.
  5. Gisela Naomi Blume, Memorbuch Fürth, Stand 31.12.12, 14:58 Uhr
  6. Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/85, Die praktischen Ärzte, 3. Band. Anmerkung: Die von ihrem Vater damals der Stadt übergebene Approbationsurkunde ist in dieser Akte enthalten.
  7. Memorbuch Fürth, Gisela Naomi Blume Memorbuch Fürth, Stand 29.12.12, 02:22 Uhr