Schwabacher Straße 53
- Gebäude
- Pechhüttn
- Straße / Hausnr.
- Schwabacher Straße 53
- Akten-Nr.
- D-5-63-000-1248
- Objekt
- Wohnhaus in Ecklage
- Baujahr
- 1831
- Baustil
- Klassizismus
- Bauherr
- Georg Borsch
- Architekt
- Adam Egerer
- Maurermeister
- Wilhelm Meyer
- Geokoordinate
- 49° 28' 11.24" N, 10° 59' 14.07" E
- Gebäude besteht
- Ja
- Denkmalstatus besteht
- Ja
- Quellangaben
- [[Quellangaben::BLfD - Denkmalliste Fürth]]
Zweigeschossiger Sandsteinquaderbau mit Walmdach mit Gurtgesims und Eingangsvorbau an der Nordseite im klassizistischen Stil erbaut vom Maurermeister Wilhelm Meyer und Zimmermeister Georg Herrlein als Gartenhaus mit Wirtschaftsgebäude im Jahr 1831. In den Anfängen war das Gebäude lange Zeit das einzige Haus südlich des ehemaligen Krankenhauses in der Schwabacher Straße und lediglich über einen Feldweg bzw. über eine kleine Brücke über den "Leyher Landgraben" zu erreichen.
Baubeschreibung[Bearbeiten]
Das Gebäude wurde 1831 ursprünglich als Ausflugsgaststätte – vor den Toren der Stadt liegend als das „erste Haus der Südstadt“ – gebaut. Inzwischen steht das Gebäude mitten in der Stadt, lange Zeit in einem traurigen Dornröschenschlaf in seinem verwunschenen Garten, nun seit etwa 2020 umstellt von hohen Wohnbauten.
Die Schwabacher Straße war damals vor dem alten Krankenhaus zu Ende und es ging weiter auf einem Feldweg mit einer kleinen Brücke über den Leyher Landgraben zur Ausflugsgaststätte „Pechhüttn“. Im Zuge von Bau und Erweiterung der Bahnunterführung (1896 und 1926) rutschte das Eckhaus für die Passanten immer weiter nach oben – die Proportionen veränderten sich völlig.
Namensgebung[Bearbeiten]
Der Name "Pechhüttn" kommt vermutlich von einer ehemaligen Pechfabrik, die auf dem Gelände neben dem heutigen Gebäude stand. In einem Adressbuch aus dem Jahr 1850 findet sich als Bewohner Johann Adam Reichel für die Schwabacher Straße 53, der von Beruf "Drechslermeister" und Wirt war. Reichel besaß ebenfalls seit 1848 die Lizenz zur Herstellung von Schwefelhölzern (Streichhölzern). Da die Herstellung von Schwefelhölzern nicht ganz ungefährlich war, erhielt Reichel auch deshalb die Genehmigung, da sein Gebäude sich außerhalb der damaligen Stadt befand - und somit zunächst keine Sicherheitsbedenken von Seiten der Behörden bestanden.[1]
Pech ist primär eine schwarze, teerartige, superzähe Flüssigkeit, die bei der Destillation von Erdöl, Kohle oder harzhaltigen Hölzern - vor allem harzhaltigen Nadelhölzern wie Kiefer und Fichte oder harzhaltigen Laubbäumen wie Birke und Buche - entsteht.[2] In der Pechfabrik wurden in der Regel unerwünschte Bestandteile durch Destillation herausgefiltert. Übrig blieb ein reines Harz, das mit Paraffinen geschmeidiger gemacht wurde. Das neu gewonnene Produkt wurde vor allem an viele Brauereien in der Region verkauft, um mit verschiedenen Pechen die Lager- und Transportfässer auszupichen. Die Fässer wurden damit innen mit einer dünnen Pechschicht ausgekleidet, die verhinderte, dass sich das Holz mit Bier vollsaugen und Kohlensäure entweichen konnte.
Eigentümer, Bewohner[Bearbeiten]
Der erste Eigentümer und Bauherr war der Gastwirt und Schuhmacher Georg Borsch, der auch mit Käse handelte. Sein Bemühen, auf dem Grundstück zunächst einen Gastronomiebetrieb zu führen, war anfänglich nicht von Erfolg gekrönt. Aus einem Schreiben geht zumindest sein Besitz hervor, dass er "nächst der Schwabacher Straße, wo er vor einiger Zeit ein Stück Feld erkauft, solches zu einem Garten umgewandelt und ein Haus darauf erbaut" wollte.[1] Ob ihm persönlich noch die Einführung einer Gaststätte gelang, ist allerdings nicht mehr nachvollziehbar.
Die späteren Besitzer Johann Georg Weber und seine Frau Anna Margareta Weber (deswegen auch als Weber's Haus bekannt), die das Haus 1872 vom Wirt Georg Ammon kauften, ließen 1902 an der Rückseite durch den in Fürth sehr bekannten Architekten Adam Egerer einen Anbau ausführen.[3] Das Ehepaar selbst wohnte im Erdgeschoss, während von 1903 bis 1937 im 1. OG Hermann Friedrich wohnte.[1] Friedrich war Jurist und ab 1899 im Dienst der Stadt Fürth tätig. Am 27. April 1933 wurde Friedrich zum 2. Bürgermeister ernannt - just in der Sitzung, in der Dr. Robert Wild durch den NSDAP-Stadtrat und künftigen Oberbürgermeister Franz Jakob abgesetzt wurde.
Der letzte legale „Bewohner“ war bis in die 1980er Jahre hinein ein Zahnarzt namens Dr. Herbert Fichtner. Seitdem war das Gebäude dem Verfall preisgegeben.
Sanierung des Gebäudes[Bearbeiten]
In regelmäßigen Abständen erschienen immer wieder Meldungen in der örtlichen Presse, dass sogenannte Investoren die "wildromantische Gartenfläche für einen Hotelbau" nutzen wollen und dabei das bestehende Gebäude z. B. als „Frühstücksraum“ mit nutzen würden. All diese Meldungen hatten bis zum Jahr 2016 zu keinem greifbaren Ergebnis geführt, allerdings wurde ein Bauvorbescheid für die "Umnutzung des Baudenkmals mit Erweiterungsneubau als Hotel" erteilt.[4]
Im Februar 2017 wurde über die Fürther Nachrichten bekannt, dass sich der Eigentümer der Pechhüttn im Herbst 2016 vom Anwesen getrennt hat. Das Grundstück samt Haus wurden an einen Projektentwickler verkauft. Der neue Eigentümer, der zunächst nicht bekannt wurde, später jedoch als die Erlanger Firma GBI herausstellte, hat sich aber von einem Hotelbau distanziert, stattdessen sollen auf dem Grundstück Sozialwohnungen, gestützt auf den bereits geplanten Baukörper des Hotels, entstehen. Das denkmalgeschützte Haus soll dabei erhalten und saniert werden.[5] Der sanierte Altbau soll vier Wohnungen aufnehmen, links und rechts davon werden Neubauten mit 38 Wohnungen mit Tiefgarage für 25 Stellplätze errichtet. Nach erteilter Baugenehmigung wurden Ende Januar/Anfang Februar 2018 auf dem Gelände alle Bäume gerodet.[6]
Im Frühjahr 2018 begannen die Bauarbeiten, im Sommer 2020 wurde die Wohnanlage fertiggestellt. Sie ist nach Emmy Humbser benannt. Die Pechhüttn erhielt ein neues Dach, neue Fenster, die Fassade wurde saniert. Dabei wurde darauf Wert gelegt, dass die neue Farbgebung und auch einzelne Elemente an die Neubauten in der Umgebung anlehnen. Dabei entstanden auf dem Areal 42 Wohnungen, davon 36 öffentlich gefördert für günstigere Mieten im Preissegment von 4,7 bis 5,7 EUR der Quadratmeter. Im sanierten Altbau entstanden die vier besagten Wohnungen.[7]
Sonstiges[Bearbeiten]
Am 8. März 2016 wurde über die Lokalpresse bekannt, dass im Dachboden des Gebäudes eine unbekannte männliche Leiche im Alter zwischen 50 und 60 Jahren gefunden wurde. Die Leiche hatten zwei Jugendliche am Montag gegen 17.15 Uhr im Gebäude gefunden, während sie neugierig durch das leerstehende Haus liefen. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um ein Gewaltverbrechen - die Leiche lag bereits seit ein paar Tagen am Fundort. Ein entsprechendes Strafverfahren und die Obduktion der Leiche wurde eingeleitet.[8][9] Am 9. März 2016 meldete die Polizei, dass die Identität des 57-jährigen Toten aus dem Obdachlosen-Milieu inzwischen bekannt ist. Der getötete Obdachlose wurde mit Hilfe der forensischen Zahnmedizin identifiziert.[10] Es handelt sich nach Angaben der Polizei um Hermann Uhrhan, der gerne mit seiner zwölfsaitigen Gitarre - die allerdings nur mit sechs Saiten bespannt war - in Nürnberg und Fürth unterwegs war. Die Gitarre war nach Angaben der Polizei nicht am Tatort, so dass diese nun als Puzzleteil zur Lösung des Falles dienen könnte. Die Polizei hat zur Klärung des Falles eine Ermittlungskommission namens "Villa" gegründet.[11] Im April 2016 gab die Polizei bekannt, einen der beiden Tatverdächtigen festgenommen zu haben; dieser ebenfalls obdachlose 58-jährige Mann sei wegen eines anderen Vergehens in Leipzig verhaftet worden. Laut Polizei sei er dringend tatverdächtig, gegen den zweiten Gesuchten wurde ein Haftbefehl ausgestellt. Der inzwischen bekannte Mann, dessen Identität nicht preisgegeben wurde, war bis Dezember 2016 noch flüchtig.[12] Laut Presseangaben wurde der zweite Tatbeteiligte in Sachsen-Anhalt ebenfalls festgenommen.[13]
Im Rahmen der Architekturwoche A6 im Jahr 2014 war das Gebäude u. a. im Fokus der stattfindenden Führungen (walk and talk). Dabei konnte für einen begrenzten Teilnehmerkreis kurz das Gebäude besichtigt werden. Dabei sind die in der Galerie stehenden Bilder entstanden.
Am 30. Juni 2017 meldeten die Fürther Nachrichten, dass gegen 18 Uhr plötzlich dichter Rauch aus dem Gebäude drang. Offensichtlich kam es zu einem Brand im Gebäude, dessen Ursache allerdings noch nicht bekannt ist.[14] In den Sozialen Medien wurde darüber spekuliert, ob es sich hierbei um eine sog. "heiße Sanierung" des denkmalgeschützten Hauses handelt.
Adressbucheinträge[Bearbeiten]
- 1836: "Schwabacherstraße" Haus-Nr. 276 b (I. Bezirk); Borsch Gg. Matthäus; Wirth[15]
- 1846: "Schwabacherstraße" Haus-Nr. 276 b (I. Bezirk); Reichel, J. A.; Drechslermeister u. Wirth[16]
Literatur[Bearbeiten]
- Schwabacher Straße 53. In: Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth. Lipp Verlag, 1994, S. 370 - 371.
Lokalberichterstattung[Bearbeiten]
- Johannes Alles: Hotelpläne am Tor zur Südstadt. In: Fürther Nachrichten vom 14. Februar 2014 - online
- Johannes Alles: Auch am Südstadt-Hotel wird noch geplant. In: Fürther Nachrichten vom 28. April 2015 - online
- Johannes Alles: Leiche in Fürth gefunden: Polizei geht von Gewaltverbrechen aus. In: Fürther Nachrichten vom 8. März 2016 - online
- Johannes Alles: Toter Obdachloser: Polizei veröffentlicht Namen und Foto. In: Fürther Nachrichten vom 11. März 2016 - online
- Ulrike Löw: Musste Musiker wegen Streit um 20 Euro sterben? In: Nürnberger Nachrichten vom 10. Februar 2017 (Druckausgabe) bzw. Getöteter Obdachloser: Mordprozess beginnt. In: nordbayern.de vom 9. Februar 2017 - online
- FN: Feuer in Fürth: Denkmalgeschützte "Pechhüttn" brennt. In: Fürther Nachrichten vom 30. Juni 2017 - online
- Johannes Alles: Die Fürther "Pechhüttn" soll erhalten bleiben. In: Fürther Nachrichten vom 19. Juli 2017 - online
- Johannes Alles: Erlanger Firma bebaut Pechhüttn-Areal. In: Fürther Nachrichten vom 9. September 2017 (Druckausgabe) bzw. Erlanger Firma bebaut Pechhüttn-Areal in Fürth. In: nordbayern.de vom 8. September 2017 - online
- Johannes Alles: Pechhüttn: Baustart naht. In: Fürther Nachrichten vom 6. Februar 2018 (Druckausgabe) bzw. Fürther Pechhüttn: Der Baustart naht. In: nordbayern.de vom 6. Februar 2018 - online
- hjw/czi/ja: „Pechhüttn” bekomm eine Zukunft. In: Fürther Nachrichten vom 5. Oktober 2018 (Druckausgabe)
- Von der „Pechhüttn“ zum attraktiven Wohnraum. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 19 vom 24. Oktober 2018, S. 11 – PDF-Datei
- Johannes Alles: Aufbruch in eine bessere Zukunft. In: Fürther Nachrichten vom 11. September 2019 (Druckausgabe)
- Johannes Alles: Vollendete Nachbarschaft. In: Fürther Nachrichten vom 15. Juli 2020 (Druckausgabe) bzw. "Sehr gelungen": Fürther Pechhüttn gehört zu neuem Wohnquartier. In: nordbayern.de vom 17. Juli 2020 - online
- fn: Pechhüttn-Ensemble polarisiert. In: Fürther Nachrichten vom 21. Juli 2020, S. 22 (Druckausgabe)
- Stadt Fürth prämiert gelungene Fassadensanierungen. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 05 vom 17. März 2021, S. 5 – PDF-Datei
Siehe auch[Bearbeiten]
- Rangaubahn
- Reuel (Gaststätte)
- Architekturwoche A6
- Café Fenstergucker
- Letra-Haus
- LAG-Bahnhof
- Karolinenstraße 20
- Karolinenstraße 22
- Hermann Uhrhan
- Schwabacher Unterführung
- Emmy Humbser Wohnanlage
- Südstadt
Weblinks[Bearbeiten]
- Die "Pechhütt´n" in der Südstadt – Homepage der Stadtheimatpflege
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Karin Jungkunz: Die Pechnhütt´n in der Südstadt. Homepage Stadtheimatpflege, Kategorie: Häuser erzählen Geschichte, online abgerufen 28. August 2016 | 10.15 Uhr
- ↑ Wikipedia: Pech. Online abgerufen am 9. März 2016 um 1:42 Uhr online
- ↑ Dr. Emil Stark: Aus den Lebenserinnerungen des ersten Fürther Stadtarztes Dr. Johann Emil Friedrich Stark. In: Fürther Heimatblätter, 1968/2-3, S. 21
- ↑ Öffentliche Bekanntmachung eines Vorbescheids gemäß BayBO, Amtliche Mitteilungen der Stadt Fürth vom 3. Februar 2016
- ↑ Johannes Alles: Südstadt: Wohnraum statt Bettenburg. In: Fürther Nachrichten vom 28. Februar 2017, S. 25
- ↑ Johannes Alles: Pechhüttn: Baustart naht. In: Fürther Nachrichten vom 6. Februar 2018
- ↑ Johannes Alles: Vollendete Nachbarschaft. In: Fürther Nachrichten vom 15. Juli 2020, S. 27 (Druckausgabe)
- ↑ Johannes Alles: Leiche in Fürth gefunden: Polizei geht von Gewalttat aus. In: nordbayern.de vom 8. März 2016 - online bzw. Gewalttat in leer stehendem Haus. In: Fürther Nachrichten vom 9. März 2016 (Druckausgabe)
- ↑ Pressemeldung Polizei Mittelfranken vom 8. März 2016: Männliche Leiche aufgefunden - Tötungsdelikt wahrscheinlich. - online
- ↑ Alexander Brock: Wenn Todesopfer über Zähne identifiziert werden. Fürther Nachrichten vom 3. Oktober 2017 (Druckausgabe)
- ↑ Johannes Alles: Der Tote aus Fürth ist identifiziert - Opfer ist ein Obdachloser. In: nordbayern.de vom 9. März 2016 - online bzw. Opfer war ein Obdachloser. In: Fürther Nachrichten vom 10. März 2016 (Druckausgabe)
- ↑ Johannes Alles: Toter Obdachloser in Fürth: Polizei ermittelt Tatverdächtige. In: Fürther Nachrichten vom 15. April 2016 - online
- ↑ hbi: Zweiter Mann festgenommen. In: Fürther Nachrichten vom 15. Dezember 2016
- ↑ FN: Feuer in Fürth: Denkmalgeschützte "Pechhüttn" brennt. In: Fürther Nachrichten vom 30. Juni 2017
- ↑ Adressbuch von 1836
- ↑ Adressbuch von 1846
Bilder[Bearbeiten]
Blick über die Südstadt, Bildmitte der umgebaute Bereich um die ehem. Pechhüttn, März 2020
Der Anbau des Baudenkmals Schwabacher Straße 53 wird abgebrochen. Er wurde im Jahr 1902 durch Architekt Adam Egerer errichtet.
"Zeitzeugen" unterhalb der Tapete - DDR-Lyriker in Athen* und 10 frische Eier für 1 DM. *) Kunzes Gedichte in Griechenland, J. P. W., Die Tat, 31.7.1975, s. http://www.planetlyrik.de/reiner-kunze-brief-mit-blauem-siegel/2013/09/
Denkmalgeschütztes Gebäude Schwabacher Straße 53, sog. "Erstes Haus der Südstadt" (derzeit in Sanierung), links dahinter das Gebäude des ehemaligen L.A.G. Bahnhofs
Denkmalgeschütztes Gebäude Schwabacher Straße 53, von der Karolinenstraße aus gesehen
Denkmalgeschütztes Gebäude Schwabacher Straße 53, vom Letra-Haus aus gesehen