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Förderprojekt 2018
Veröffentlichung „Die Chorfenster von St. Michael zu Fürth, geschaffen von Hans Gottfried von Stockhausen“ von Hans-Otto Schmitz, Schnell & Steiner, 2018
Die Fenster des Chores von St. Michael waren im Laufe der Jahrhunderte mehrfach ausgetauscht worden. Die des 19. Jahrhunderts gingen bei Kriegsende zu Bruch und wurden dann nur behelfsweise durch Klarglas ersetzt, bis die Pfarrei wieder ausreichend bei Kasse war und der damalige Pfarrer, Kirchenrat Will, den Glasmaler Professor Hans Gottfried von Stockhausen für eine sukzessive Erneuerung mit szenischen Motiven gewinnen konnte. 1958 wurde die erste Gruppe neuer Fenster eingesetzt: Links und rechts vom Altar das Geschehen von Gründonnerstag und Karfreitag, im Mittelfenster der auferstandene, triumphierende Christus über dem Erzengel Michael aus den Offenbarungen des Johannes. 1963 wurde auf der Sakristeiseite das Tauffenster ergänzt und 1969 die drei restlichen Fenster auf der Eingangsseite, von denen das große wieder die Offenbarung zum Thema hat, nämlich das himmlische Jerusalem im endzeitlichen Paradies. Stockhausen hat diese Fenster farblich sehr harmonisch mit dem Kirchenraum abgestimmt. Er sprach gerne vom „Klang des Raumes“, bei dem kein Element die anderen übertönen dürfe. Wie bei einem Konzert sollen Fenster, Altar, Kanzel und alles ande-
re harmonisch zusammen passen und sich gegenseitig ergänzen. Auch thematisch bilden sie eine Einheit. Alle stellen biblische Szenen dar. Sie spannen einen weiten Bogen vom Beginn der Schöpfung im Alten Testament bis zum Ende der Zeiten, wie es in den beiden letzten Kapiteln der Offenbarung des Johannes beschrieben wird. Ganz besonders geht Stockhausen dabei auf die Vision des Johannes über das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen ein. Zentrum ist natürlich in diesem weitgespannten Bogen das Erlösungswerk Jesu, das in den zeitlich ersten Fenstern dargestellt ist. Nun bleiben noch die fabulierfreudigen, zweibahnigen Fenster rechts. In Anlehnung an das Werk Wilhelm Löhes setzt sich Stockhausen hier anhand biblischer Beispiele mit den Werken der Barmherzigkeit auseinander und mit der Berufung zur Nachfolge Christi. Dabei zeigt er, dass der reale Mensch durchaus nicht immer wie selbstverständlich nach diesen Werten lebt. Stockhausen zieht den Betrachter mit ein und fragt ihn, was zum Beispiel der Verräter Judas im Berufungsfenster zu suchen hat. Stockhausen will nichts für das schnelle Auge schaffen, vielmehr möchte
er den Betrachter einladen, sich mit dem Bild zu beschäftigen, es sich vertraut zu machen und zu ergründen. Dabei kann er durchaus zu neuen Einsichten gelangen. Über die Fenster hinaus liefert vorgestellte das Buch eine kurze Beschreibung der drei hauptsächlichen Gebäudeteile der Kirche und fokussiert sich dann auf den Chor und seinen Initiator, Pfarrer Konrad Held (1464 bis ca. 1498). Die Nürnberger Patrizierfamilie Held von Hagelsheim hatte großzügig für den Bau gespendet, weshalb auch das Held-Wappen im dritten Schlussstein erscheint, genauer: das Wappen des Bruders Lienhard
Held mit seiner Gemahlin Clara von Schaw. Das Wappen der Lichtenstein im Chorschluss gibt Rätsel auf, da es höchstwahrscheinlich zu einem weiblichen Mitglied der Familie gehört. Das zugehörige Männerwappen ist bislang nicht identifiziert, es dürfte sich aber ebenfalls um einen Stifter handeln, der zum Bau des Chores beigetragen hat. Die Motivation für den Chorbau wird diskutiert. Im Anschluss werden die verschiedenen Fenstergenerationen besprochen. Insgesamt verschafft das Buch einen guten Überblick über den Chor und seine Fenster. Hans-Otto Schmitz, Kirchenführer in St. Michael 9