Schneiorsche Schul

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Schneiorsche Stiftung, Königsplatz 3Dennemarck.jpg
Das ehemalige Stiftungsgebäude der Schneior-Eisik Schul; der kleinere Giebel im Anschluss vorne links markiert das Vorderhaus Königsplatz 4, der hohe Giebel rechts daneben das Vorderhaus Königsplatz 3; Situation 1938; anstelle der Häuser Königsplatz 3-5 steht heute das Sozialrathaus
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Die ehemalige „Schneiorsche Schul” (eigentlich „Schneior-Eisik-Bing Schul“) war eine Stiftungssynagoge, die als Talmudschule (Lehrhaus) fungierte. Sie befand sich am Königsplatz, wo sie im Gebäude Königsplatz 5 ihren Ursprung hatte, aber im 18. Jahrhundert in das Hinterhaus von Königsplatz 4 transloziert wurde.

1707 Stiftung einer Talmudschule durch Abraham Schneior

Die Anfänge der Privatsynagoge legen sich nur namentlich als „Eisig-Schul“[1] nahe und werden selten bereits ab 1609 datiert, also acht Jahre vor dem Synagogenbau der Altschul.[2] Dieser erste öffentliche Gebetsraum der Juden in Fürth war in dem Haus des Simon Michel (später Rednitzstraße 28) eingerichtet worden.

Der Hoffaktor und Parnaß Salomon Schneior/From (1611-1692) erwarb 1687/88 das Anwesen Königsplatz 5, wo er dann mit seiner Frau Pessel, sechs Töchtern und drei Söhnen wohnte. Er baute vermutlich kurz danach die Mikwe ein.[3] Als Geldverleiher und Vorsteher der jüdischen Gemeinde Fürth genoss Salomon Fromm großes Ansehen, dem er dadurch gerecht werden sollte, in dem er in seinem Haus eine Privatsynagoge betrieb.[4] Diese führten sein Sohn Abraham und sein Schwiegersohn Isaak „Eisig“ Bing als Lehrhaus weiter.[5] In dem Memorbuch der Altschul findet sich der Eintrag über den „hochgelehrten R. Abraham, Sohn des Vorstehers R. Salomon Schneior, der seine ganze Lebenszeit mit frommen Thaten verbrachte und in seinem Hause ein Bet hamidrasch errichtete, wo er alle Diejenigen, die in demselben studirten, aus eigener Tasche den Lebensunterhalt gewährte, wie er auch zu dessen immerwährender Erhaltung ein bedeutendes Kapital gestiftet.[6]
Die Gründung dieses Lehrhauses (בית הםדרש, Beit Hamidrasch)[7] geht auf das Jahr 1699 zurück.[8]

Abraham Schneior arbeitete mit seinem Schwager Eisik (=Isaak) Bing – der aus Wien vertrieben nach Fürth gekommen war - zusammen in seiner Druckerei. Eisik Bing stiftete ebenso wie Schneior zu der Talmudschule, die daher den Namen Schneior- oder Eisik-Schul trug[3] und sich im hinteren Teil des Hauses Königsplatz 5 befand. 1728 kaufte Isaak, ein Sohn des Oberrabbiners Bärmann Fränkel das Haus für 4700 fl. und der Bedingung, darin auf ewig das Lehrhaus zu halten. Allerdings war es ihm freigestellt, das Lehrhaus ins (hinter Königsplatz 4 liegende) Hinterhaus zu transferieren, was zwischen 1728 und 1805 geschah.[3][9]

Schneior-Eisik-Schul, rot markiert

Das Hinterhaus von Königsplatz 4 war dem Anwesen Königsplatz 3 zugehörig, ein Haus, das die Tochter jenes Eisig Bing, der die Schneior-Eisig-Schul gegründet hatte, 1735 an den Thoragelehrten Mordechai „Marx“ Oppenheimer (ca. 1710 -1775) für 1750 fl. verkauft hatte.[10] Von dessen Witwe erwarb der Parnaß Wolf Neuburger (1739-1809) das dreistöckige Wohnhaus mit einem schmalen Hof.[11] Wolf Neuburger war Juwelier, Gemeindekassier und Mohel. Am 22. Juni 1805 erwarb Wolf Neuburger für 1500 fl. das lange, schmale Hinterhaus von Königsplatz 5, das hinter Nr. 4 (im Plan rot markiert) lag von dem Sohn des Rabbiners Bärmann Fränkel.[12] Der Käufer verpflichtete sich, die dortige Eisig-Schneior-Schule auf ewige Zeiten zu halten. Dafür erhielt er alles Inventar und auch die heilige Thora samt silberner Krone ausgehändigt.[13] In seinem Testament machte Wolf Neuburger sogar noch eine Zustiftung von 4800 fl. zur Schneiorschen Stiftung.

Die Schneior Schul als Wohnhaus

Das Ende der Synagoge nach 1834

Als sich Salomon Model aus Leutershausen nach dem Tode des Rabbiners Halberstätter auf die Stelle in der Schneiorschen Schul bewerben wollte, hielt diese ohne Wissen der Obrigkeit bereits David Lazarus Farnbacher inne.[14] Eine entsprechende Beschwerde, dass dieser völlig unfähig und bei dem verstorbenen Rabbiner den Talmud in seiner größten Verworrenheit lernte[15] und auch an der Waisenschul vergleichbare Zustände herrschten, brachten die Angelegenheit ins Rollen. Oberrabbiner Isaak Loewi schloss sich der Einschätzung an und hoffte, dass die Obrigkeit diesem Unwesen ein Ende setzen würde.[16] Farnbacher wurden alle Funktionen eines Rabbiners verboten und auch alle übrigen Privatsynagogen Fürths wurden untersucht.

Nach Wolf Neuburgers Tod war u.a. auch dessen Schwiegersohn, der Juwelier Isaak Mannheimer,[17] Erbe des Anwesens.[18] Bis 1834 diente die „Schul” noch als Gebetsraum. 1836 verfügte der bayerische Staat die Schließung sämtlicher Privatsynagogen. Nach Schließung blieb das Hinterhaus als Pfründnerhaus im Besitz der Stiftung und diente fortan als Wohnhaus. Hier wohnte u.a. auch der letzte Stiftsrabbiner Raphael Farntrog mit seiner Familie.[19] 1867 war der Kaufmann Hermann Mannheimer Eigentümer des Hauses Königsplatz 3 und damit auch des Hinterhauses, der ehemaligen Schneiorschen Schul. Mannheimer zog später nach Nürnberg und verkaufte das Anwesen 1884 an den Buchdruckereibesitzer und späteren Zeitungsverleger Franz Willmy.[20]

Die Stiftung ging später in die Mannheimer Synagoge über, die aus den Mitteln der vereinigten Eisik- und Mannheimer Stiftung am Schulhof erbaut wurde.[21]

siehe auch

Einzelnachweise

  1. Eisig oder Eisik = Isaak
  2. so Gisela Naomi Blume: Der alte jüdische Friedhof in Fürth, Seite 23. Ihr Verweis auf eine „Weiberschul“ scheint allerdings auf eine Bemerkung von Andreas Würfel: „Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen“, 1754, IV. Capitel - § 16, S. 29 zurück zu gehen.
  3. 3,0 3,1 3,2 Gisela Naomi Blume: „Häuser um den Königsplatz und ihre jüdischen Besitzer“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/11 zu Königsplatz 5; Seite 63; ebenso Gisela Naomi Blume: „Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/13 zu „Mikwe im Haus Königsplatz 5, Schneior-/Eisig-Schul (1687?)”; Seite 43
  4. Daniela F. Eisenstein: „Hausgeschichten Königstraße 89“ in: nb (Nordbayern.de) vom 26. Februar 2019
  5. Auf diese Einrichtung bezieht sich Andreas Würfel: „Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen“, 1754, IV. Capitel - § 16, S. 29 der dort auf Christoph Wagenseil: „De Sacri Rom. Imperii“ S. 125 beruft und vermerkt, dass diese sich in seiner Zeit in „guten Ansehen und Aufnehmen befunden“. Monika Preuß: „Gelehrte Juden – Lernen als Frömmigkeitsideal in der frühen Neuzeit“, 2007; Seite 20 belegt Würfels Notiz zu Wagenseil in Fußnote 70: „älteste Schul“ (Nebenschul)
  6. Leopold Löwenstein Memorbücher“, in: „Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland“, Bd. II, 1888, Seite 94
  7. Ort, der zum Studium, zur Diskussion und zum Gebet der Thora genutzt wird
  8. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth, S. 63
  9. Abraham Schneior bestimmte in seinem Testament, dass
    meine Schule ewig Bestand haben soll, … alle meine Bücher, welche in der Schule stehen, und auch der Schmuck der Thora soll dazu gehören, wie auch all mein Anteil an Häusern. … So haben sie die Wahl, die Schule und die Synagoge in diesem Haus zu lassen oder mögen es in das Hinterhaus zurichten, … und eine Wohnung auch dabei, dass ein Klausrabbi mit seiner Frau darinnen wohnen können. Wenn sie solches tun, gehört mein Haus und auch ein Hinterhaus, was über der Klaus [liegt] und zu bewohnen ist, ihnen für immer; aber die Wohnung gehört ewig einem heiligen Zwecke, und es hat kein Mensch Teil daran. … Der Rabbi muß mit acht talmudbeflissenen unentgeltlich studieren.“ Gisela Naomi Blume: „Mikwen in Fürth - Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/13 zu „Mikwe im Haus Königsplatz 5, Schneior-/Eisig-Schul (1687?)”; Seite 44 zitiert aus „StAFü, Fach 30/28, Die Recherche über die Stiftung des Abraham Schneer und Isak Frankfurter, 1831”
  10. Gisela Naomi Blume: „Häuser um den Königsplatz und ihre jüdischen Besitzer“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/11 zu Königsplatz 3; Seite 59
  11. ebenda
  12. Der Sohn Jesaias Fränkel hatte zuvor seine miterbenden Brüder Isaak und Jakob ausbezahlt, so dass er berechtigt war das Haus an Neuburger zu verkaufen. Siehe Gisela Naomi Blume: „Häuser um den Königsplatz und ihre jüdischen Besitzer“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/11 zu Königsplatz 5; Seite 63
  13. ebenda
  14. Barbara Ohm: Geschichte der Juden in Fürth, S. 170
  15. ebenda
  16. Barbara Ohm, S. 141
  17. er hatte Neuburgers Tochter Frumat Fanny (1777 - 1844) geheiratet; siehe Gisela Naomi Blume: „Häuser um den Königsplatz und ihre jüdischen Besitzer“ 1. Teil in Fürther Geschichtsblätter (FGB) 2/11 zu Königsplatz 3; Seite 59 f.
  18. vgl. auch Gottlieb Wunschel: Alt-Fürth, 1940 zu Königsplatz Nr. 3 und Fürther Adressbuch von 1819, S. 10
  19. vgl. Nekrolog zu Raphael Farntrog in Zeitschrift „Der Israelit“ vom 6. Mai 1868
  20. ebenda
  21. Monika Berthold-Hilpert: Synagogen in Fürth, S. 10; ebenso Gisela Naomi Blume „Mikwe im Gebäude Schulhof 5 ½, Mannheimer-Schul“ in: „Mikwen in Fürth – Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen“, 2. Teil, FGB 2011/3

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