Altstadtverein Fürth �
len, dass in seinem FürthText über das hohe Alter der Siedlung kein Widerspruch entstand? Denn das schien ihm wohl Ende des 16. Jahrhundert eindeutig klar gewesen zu sein und der Kapellenhinweis – ähnlich wie bei Altenfurt – eine willkommene Erklärung. Methodisch würde das ins Schema damaliger Interpretationsweisen passen. Aber: „Wo, zeitbedingt, Geschichte nicht anders bewegt wurde als durch Gottvertrauen und Sendungsbewusstsein, sind Zweifel an ihrem Nutzen nicht nur erlaubt, sondern geboten.“ (W. Buhl in Karolingisches Franken 1973, S. 7). Es gibt zu den Mitteilungen Müllners überhaupt keine Anhaltspunkte, weder in Urkunden noch in der Literatur zu seinen Annalen. Und die Geschichte um Karls Kapellengründung ist aus heutiger Sicht eine reine Nürnberger/Altenfurter Entstehungslegende, die man später im Zeitalter der Aufklärung gerne auf Fürth beziehen wollte als den eindeutig vom Ratsschreiber Müllner bestätigten älteren Ort, was auch nachhaltig Wirkung gezeigt hat. Immerhin hätten die Kampfhandlungen zur Vertreibung des Feindes durch Gustav Adolf am 31.8.1632 die Überreste im Wiesengrund bis zur Unkenntlichkeit entstellen können – daher vielleicht die Auffassung von der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg. Graf Oxenstjerna hatte seine Eindrücke ja erst 2 Tage
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nach diesem Ereignis gewonnen und dementsprechend nur die Folgen beschrieben. Nach Beseitigung aller identifizierbaren Überreste konnte sich der Mythos unaufhaltsam in den Vordergrund drängen. Auffällig ist jedenfalls die immanente Ignorierung Fürths in den Ursprungslegenden der alten Nürnberger Chroniken bis auf Johannes Müllner, der die Verbindung zu Nürnberg ganz vage angedeutet hat. Im frühen 18. Jahrhundert nahm man sich augenscheinlich ganz selbstbewusst literarisch einfach das zurück, von dem man geglaubt hatte, dass es Jahrhunderte vorher nach Nürnberg mitgenommen worden war. Ob zurecht, bleibt die große offene Frage. Der Bericht Müllners, zwischen 1592 und 1597 verfasst, ist die erste und einzige Nachricht über eine Kapellenruine in Fürths Wiesengrund nahe der Furt vor dem Dreißigjährigen Krieg – bedauerlicherweise ohne einen wichtigen Quellennachweis – und nicht die Darstellung Zeillers in Merians Topographie. Über ihr Alter und den Patron lässt sich damit gar nichts aussagen. Die Legende über eine Kapelle Karls des Großen an einer anderen Übergangsstelle jenseits von Nürnberg, nämlich Altenfurt, ist dennoch über einhundertzehn Jahre älter als dieser erste Kapellenhinweis in Fürth. Folgt man der Historikerin Erika Sanden und den Quel-
langaben Müllners über das Egidienkloster Nürnbergs, stammt sie sogar aus der Zeit vor 1261 und reiht sich damit problemlos ein in die Karlslegenden des späten Mittelalters, die ihren Ursprung bei den iroschottischen Mönchen des St. Jakob-Klosters in Regensburg vermuten lassen. Zusammenfassend kann festgehalten werden:
1. Die Legende um die Kapelle Karls des Großen im Fürth-Text der Topographie Merians bezieht sich eindeutig auf Altenfurt südöstlich von Nürnberg. Alles was sich in der Literatur darüber zu Fürth an der Rednitz finden lässt, ist viel jünger und eine Ableitung, Variante oder ganz einfach nur eine Kopie dieser alten Meisterlinschen Karlslegende von 1488. Dass Meisterlin sie ursprünglich aus Fürth gekannt hat, ist momentan nicht anzunehmen. Wenn sie aus besitzrechtlichen Gründen im Egidienkloster und der Zubehörkirche Altenfurt schon vor 1261 erzählt wurde, wäre diese Legende dort vielleicht sogar älter als die vorbehaltlich auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datierten Boenerschen Mauern im Fürther Wiesengrund. 2. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Relikte auf der Aueninsel als „Befestigung“ gesehen und nicht als Ruinen einer Kapelle bzw. eines Friedhofs.
3. Vor dem Dreißigjährigen Krieg hat nur der Nürnberger Ratsschreiber Johannes Müllner einige Mauern als Überbleibsel einer Kapelle und Nachweis einer frühen Ansiedlung Fürths in der Ebene des Wiesengrundes ohne Patron und Gründungsvater interpretiert. Ob der Grund dafür in der zeitgenössischen Erklärung des Ortsnamen mit entsprechendem Ortsmittelpunkt gelegen hat, kann nicht mehr gesagt werden. Pfarrer Lochner hat diese Ansicht übernommen und mit dem fehlenden Patrozinium in Fürth ergänzt. Eine frühe Ansiedlung im Auenbereich ist nur aufgrund solcher Mutmaßungen über mittelalterliche Gebäudereste angenommen worden, bleibt mangels Quellen und Funde aber legendär und der Verfall der „Kapelle“ muss schon weit vor dem Dreißigjährigen Krieg eingetreten sein. Über das damalige Erscheinungsbild oder den Erhaltungszustand gibt es bis auf Lochners Baufälligkeitsanzeige von 1679 keine Quellen. Als sich infolge des Dreißigjährigen Krieges eine neue Bildungsschicht in Fürth angesiedelt hatte, war nicht mehr klar zu entscheiden, ob immer die selben Mauerreste angesprochen worden waren, denn durch die Zerstörungen war nichts mehr eindeutig erkennbar oder zuzuordnen. Die von Pfarrer Lochner angesprochene baufällige Giebelwand der „Kapelle“, die an die „gewöhnliche Fuhrstraße stößet“, war zu Boeners Zeiten bis auf