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Altstadtverein Fürth �

Wahlversammlungen der einzelnen Parteien. Alles was im Land prominent war, kam aus Bonn, der seinerzeitigen Bundeshauptstadt, hierher, um sich den Wählern zu präsentieren. Besonders die guten Redner, die für eine scharfe Klinge bekannt waren, wie Wehner oder Strauß hatten ein volles Haus und brachten Leben in die Bude. Nach der Währungsreform am 20.6.1948, als man wieder alles kaufen konnte, wurde auch wieder ein ordentliches Bier gebraut und in der Fastenzeit kam in Fürth wieder der „Poculator“ zum Ausschank. Saalöffnung war immer um fünf Uhr und es kam oft vor, dass gegen halb sieben der Zugang wegen Überfüllung gesperrt war. Das Lokal war meist noch von Faschingsveranstaltungen her dekoriert und eine ordentliche Blaskapelle sorgte für Stimmung. Wir, 15/16 Jahre alt, Schüler, waren privilegiert, weil wir einen vernünftigen Klassleiter hatten, der der Meinung war, unter Aufsicht könnten wir den Umgang mit den Maßkrügen besser lernen als sonst wie oder wo. So trafen wir uns also des öfteren - aber es war KEINE schulische Veranstaltung und wir hatten immer eine Menge Spaß. Schlecht eingefüllte Maßkrüge (kann ja mal vorkommen) wurden an der Theke problemlos nachgefüllt und so musste reihum jeder nach vier, fünf Trinkern einmal zum auftanken an den Zapfhahn. 18

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Ich glaube schon, dass die Schankkellner Bescheid wussten, aber wir bekamen immer nachgeschenkt. Die waren früher ja auch einmal jung. Die US-Army. Sieger, Besatzer, Erzieher, Beschützer, Freunde. Genau in dieser Reihenfolge lässt sich eine lange Entwicklung aufzeichnen. Am Anfang galt ein „Fraternisierungsverbot“, Dem US-Personal war jeder freundliche Umgang mit den Eingeborenen strikt untersagt. Aber der Krieg war aus, es drohte von den „Krauts“ keine Gefahr mehr, der Frühling war da, die Soldiers waren jung und hatten alles, was das Herz begehrte. Und was hatten wir? Nix und Hunger nach ein bisschen mehr Lebensqualität, nach neuen Schuhen, 100 Gramm mehr Butter, ein eigenes Bett, nach echten Kaffee, Zigaretten („Kippensammeln“ war ein Volkssport), nach Schokolade (Hershey‘s Schokosirup war ein Renner).... kurzum nach allen Dingen. Wir waren schon froh, dass uns kein Fliegeralarm in der Nacht in die Keller scheuchte. Aber die GIs suchten doch den Kontakt zu den Einheimischen und hatten es leicht mit Kaugummi, Lucky Strike oder anderen Kleinigkeiten Vorurteile zu überwinden. Die Radiosender spielten amerikanische Musik und brachten uns mit ihrem „way of life“ in Berührung. Das Fraternisie-

rungsverbot schmolz dahin wie Schnee im Juli, mancher Ami machte eine Eroberung bei den jungen Damen und die „Frauleins“ ließen sich mit den ersten Nylons verwöhnen. Logisch, der überwiegende Anteil der Deutschen, die bis vor kurzem noch mit den Amis im Kampf standen, missbilligten solch ein Benehmen aufs Schärfste; „Flittchen“ oder „Amischnallen“ waren noch milde Bezeichnungen. In manchen Gaststätten ging es hoch her und die MP (Military Police) hatte in manchen Nächten viel zu tun, vor allem natürlich auch in den Lokalen der Altstadt. Besonders beliebt war das „Metropol“ an der Ecke Gustavstraße/Grüner Markt. Ich kannte den Wirt, der manch heikle Situation, auch mittels Knüppel unter der Theke, zu überstehen hatte. Der geschäftliche Erfolg ließ sich aber sowohl an seiner immer umfangreicheren Figur wie auch an seinen seidenen Anzügen ablesen. Das Treiben wurde jedoch immer wilder, fast jede Nacht kam es schließlich zu „internationalen Verwicklungen“ und das Ende war, dass die ganze Altstadt „off limits“ war und kein Ami mehr das Gebiet betreten durfte. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Ost-WestKonflikt; die Sowjets vergrößerten ihren Einflussbereich immer mehr nach Westen und Westeuropa musste befürchten, eines Tages überrannt zu wer-

den. Deutschland, in vier Besatzungszonen aufgeteilt, war politisch schon keine Einheit mehr: im Osten die russische Zone, die sich zur DDR entwickelte, im Westen erst die „Bizone“ der Amis und Engländer, später mit der französischen Zone zusammen die „Trizone“. Beide Parteien suchten nun, sich mit den Besiegten zu verstärken und warben um Gunst und Verständnis. Für uns war dies das Licht am Ende des Tunnels. Plötzlich gab es wieder mehr zu essen und auch die obrigkeitlichen Bedrückungen wurden zurückgeschraubt. Es gab deutsch-amerikanische Veranstaltungen, eine US-Militärkapelle nahm unter großem Beifall schon am ersten Kärwa-Umzug teil und im Berolzheimerianum wurde der GYA-Club (German Youth Activities) aufgemacht. Die Amis dort versuchten auch, uns den Geschmack an Baseball und American Football zu vermitteln, was aber natürlich schon daran scheitern musste, weil der Ball nicht rund sondern oval war. Am Ende spielten sie mit uns auch Fußball. Das Leben in der Altstadt war kurzweilig, man hatte Kontakt mit allen sozialen Ebenen und es wären noch mehr Geschichten zu erzählen, vom Rednitzbad, von unserem Café, vom Geismannsaal... vielleicht mache ich‘s auch noch mal. Missen möchte ich die Zeit dort auf keinen Fall!

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