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Vorwort In Fürth lebten 1935 mittlerweile über 77.000 Einwohner. 995 Erstklässler wurden eingeschult, davon waren 14,2% in einem schlechten Ernährungszustand. Am 24. April begann an allen Schulen der erste Schultag mit der üblichen Flaggenhissung, markigen Reden und dem Absingen von Deutschland- und Horst-Wessel-Lied. An den Fürther Volksschulen wurde 1935 offiziell das „Fußballspielen“ zur Erringung eines Wanderpokals eingeführt. In der Fürther Schulzahnklinik behandelten sechs Ärzte 2377 Kinder. Wegen der Zeit der Nürnberger Reichsparteitage wurden die Schulferien bis 23. September verlängert, die Weihnachtsferien dafür entsprechend verkürzt. Zwei Fürther Schulen wurden im November mit der „HJ-Fahne“ ausgezeichnet. Dabei mussten mindestens 90% der Schüler ab zehn Jahren der entsprechenden Schule der HJ angehören. Immer mehr Jugendabteilungen der Fürther Sportvereine wurden in HJ und BdM integriert. Die gesamte Fürther HJ wurde bei einem Appell von OB Jakob auf „Treue bis in den Tod“ eingeschworen. Völkische „Dietabende“ in den Sportvereinen hatten Hochkonjunktur. Viele Fürther HJAngehörige verbrachten einen Teil ihrer Sommerferien in Zeltlagern bei wehrsportlichen Übungen und ideologischer Schulung. Beim Fürther BdM wurde z.B. akribisch auf die vorgeschriebene Kleiderordnung Wert gelegt. Individuellen Spielraum gab es nur für einen Fingerring, eine Armbanduhr und (teilweise) bei der Frisur. Das frühere „Lehrlingsheim“ an der Marienstraße 4 wurde 1935 zum „Haus der deutschen Jugend“ umgebaut. 2600 Kinder beteiligten sich gegen Schuljahresende am „Hans-Lohnert-Sportfest“. Für die Zuschauer gab es dort u.a. Massenfreiübungen, Tauziehen, Menschenpyramiden und Hindernisstaffeln zu bestaunen. Auf Fürther Straßen standen 27 Münzfernsprecher und 1663 Straßenlampen leuchteten nachts den Fürthern heim. Vier Straßenbahnlinien beförderten pro Jahr sieben Millionen Fahrgäste auf Fürther Stadtgebiet. (Im Winter mussten die Schaffner nachts die Haltestationen laut ausrufen.) Neu waren jetzt zwei Buslinien nach Burgfarrnbach bzw. Atzenhof. Noch gab es sie: Am Fürther Hauptbahnhof boten zwei Dienstmänner mit Handwagen ihre Dienste an und am alten Ludwigskanal sägten im Winter vermummte Männer Eisblöcke aus für die Bierkeller der Fürther Brauereien. Das eigenständige Fürther Stadttheater gab in der Saison 1934/35 insgesamt 285 Vorstellungen bei einer Auslastung von 74%. Am 12. Februar 1935 besuchte Hitler zum ersten und einzigen Mal (zusammen mit Fürths OB Jakob) das Fürther Theater. Zeittypisch eine kleine Auswahl an Titeln von Neuanschaffungen des Volksbildungsheimes (Berolzheimerianum): „Die deutsche Mutter und ihr Kind“, „Germanische Führerköpfe“, „Achtung! Bomben fallen“ sowie „Mit 15 Jahren an die Front“. Im Stadtgebiet sorgten rund 350 Gaststätten für fränkische Gemütlichkeit. Ab Herbst gab es zudem viele „Fisch- und Ganspartien“, die wiederum die Existenz vieler „Fressvereine“ förderten. Musikalischer Hit des biederen Fürther Faschings war „Herjesses, herjesses, es Feierhäusla brennt!“ Im Frühjahr der „Poculator“ (ab 24. März) im Geismannsaal und Anfang Oktober die Fürther „Kärwa“ in der Innenstadt (1935 einschließlich der Gustavstraße) zählten zu den Höhepunkten im Jahresablauf eines jeden Fürthers. Eine Karussellfahrt kostete damals fünf Pfennige. Während der Kirchweihzeit und bei Heimspielen der SpVgg regelten stets zwei Polizisten aufgrund der geringen Tragfähigkeit des Karlsteges den Fußgängerverkehr unterhalb des Stadttheaters. Zur Unterstützung existenzgefährdeter Winzer veranstaltete man im Spätherbst eine stimmungsvolle „Weinwoche“. Bei einem Schoppenpreis von 35 Pfennigen gingen 20.000 Liter Pfälzer Wein über die Fürther Tresen. Weniger lustig empfanden Teile der Fürther Bevölkerung die Aufforderung auf Plakaten an den Eingangstüren der Läden mit dem Text: „Wir grüßen mit Heil-Hitler!“ Kaum jemand getraute sich, gegen diese Vorschrift zu verstoßen. Die Fußballmannschaft der SpVgg war am Ende der Saison 1934/35 Meister im Gau Bayern geworden. Unter Trainer Loni Seiderer spielte man anschließend um die Deutsche Meisterschaft mit, schied jedoch frühzeitig aus. Bekannteste Fürther Spieler, die damals jedes Kind kannte, waren Neger, Worst, Becher, Leupold, Emmert und Krauß. Auf Anordnung der Fürther Stadtverwaltung mussten 1935 die Häuser zu folgenden Anlässen mit Hakenkreuzfahnen beflaggt werden: Wiederkehr des Tages der