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Wir experimentieren im Reiche der Chemie
Geheimtinten ~ wir G eheim tinten! Du d en k st sofort an sagenum w obene S eeräu b er, die den F u n d o rt ih re r v erg rab e n en Schätze auf irgendeinem , fü r den N ichteingew eihten w eißen P erg am e n t aufgereichnet haben, o der an Spione, die w ichtige N ach rich ten m it einer u n sich tb aren S chreib lösung zw ischen den Z eilen eines b e langlosen B riefes v e rm e rk t haben. V iel leicht w illst auch D u einm al D einem F reu n d ein G eheim nis m itteilen, das niem an d sonst erfa h re n darf, oder etw a D einem ä ltere n B ruder, daß e r den „B ollen“ in d er letzten L atein a rb e it schonend dem g estrengen H e rrn P ap a b eib rin gen soll! W ir w ollen D ir einige R ezepte zu r H erstellung von G eheim tin te n v e rra te n — ab er b itte u n te r dem Siegel d er stren g sten V erschw iegenheit —, die an d e ren b rauchen D ir ja nicht au f die Schliche zu kom m en. Die u n te n angegebenen C hem ikalien e rh ä ltst D u in je d e r D rogerie. A ber V orsicht beim E x p e rim e n tie re n ! Du schreibst D eine G eheim nisse m it ein er S alpeterlösung oder lO prozentiger S chw efelsäure au f einem B la tt un g e le rn te n P ap ie rs nieder. D er U neinge w eih te k an n d an n auf dem P a p ie r m it dem besten W illen nichts sehen. D er E m p fän ger D eines G eheim dossier aber k e n n t des R ätsels L ösung: E r b rau ch t das P a p ie r n u r vorsichtig ü b e r eine F lam m e halten, u nd b ald tre te n die S chriftzüge schön h ervor, da das P a p ie r d an n an den beschriebenen S tellen v erk o h lt. S ta tt d er oben beschriebenen chem ischen Lösung k a n n st Du auch eine M ischlösung von K alium chlorat, K u p fe rsu lfa t u nd E isenvitriol v e r w enden. Es g ib t auch noch and ere A rten von G eheim tinten: Du k a n n st zum B eispiel eine durch k a li- u nd alau n h altig e S chw efelsäure gesättigte L ösung als S chreibflüssigkeit v erw enden un d lä ß t das G eschriebene eintrocknen. Z iehst Du das solcherm aßen p rä p a rie rte P ap ier durch W asser, so kom m t die S chrift so gleich w ieder zum Vorschein. E ine w ässerige K obaltchlorürlösung w ird bei E rhitzen ü b er einer Flam m e
verraten die Herstellung blau; S p u ren von Feuchtigkeit, also schon das A nhauchen genügt, u m die S chrift w ied er zum V erschw inden zu bringen. Du k a n n st auch G erb säu re oder G all ä p fe le x tra k t als „Z a u b ertin te“ nehm en; sobald Du die beschriebenen S tellen m it E isenchloridlösung bestreichst, w ird die S chrift so fo rt sichtbar. Sogar Z w iebeln und Z itro n en aus M utters K üche eignen sich zu r H erste l lung von — freilich w en ig er w irk sam en — G eheim tinten. Du schreibst m it Z w iebel- o der Z itro n en saft einige W orte auf. W enn Du das B la tt ü b er einer F lam m e sta rk erw ärm st, w ird das G eschriebene bald in schw arzer, b e ziehungsw eise b ra u n e r F arb e sichtbar.
Schüler streiken gegen Bäcker Als ein Bäcker, d e r au f dem Schul hof des B am b erg er G ym nasium s B rö t chen v erk a u ft, den P reis um einen P fennig erhöhte, sah e r sich einer P h a la n x em p ö rter Schüler gegenüber. Die S chülerm itv erw altu n g o rg an isierte als G egenm aßnahm e spornstreichs einen K äu ferstreik . N u r die S e x ta n e r w u r den ausgenom m en u n d d u rfte n sich w äh ren d d er P au se F rühstü ck sb rö tch en kaufen. Die F ro n t d e r S treik en d en blieb eisern; d e r Schul-B äcker m u ß te schließlich v o r solchem K am pfgeist k ap itu lieren , u n d schloß in zähen „T a rifv erh an d lu n g en “ einen Vergleich m it den S ch ü le r-P a rtn er: Die Schüler erh a lte n die D oppelbrötchen w eiterh in zum alten P reis u n d Gewicht. W er n u r eine Einzelsem m el h ab e n w ill, bekom m t sie ebenfalls zum frü h e re n P reis, ab er um ein p a a r G ram m leichter.
d u li/undusdurfu E r w a r ein Schüler w ie alle anderen. O der w a r e r es nicht? K ein er w u ß te es. Eines Tages w a r es um ihn geschehen; e r w u rd e besser. Seine L eistungen stiegen. Die L eh rer w u n d erte n sich. A us ein er v erträu m ten , w arm en Ecke, h alb vom K lassen sch ran k verborgen, h a tte sich ein G eist erhoben, den zu b egreifen selbst gew iegten M agistern R ätsel aufgab. im N u h a tte e r sich zum besten Schüler d er A n sta lt entw ickelt. S eine E rfo lg sk u rv e k le tte rte im m er höher, u n d niem an d kon n te ih n dabei a u fh a l ten. Schon län g st w aren ehem alige S tern e in L atein u n d an d eren Fächern v erb laß t, n u r e r stan d allein auf dem w eiten F eld d er W issenschaften und blickte g ö n n erh a ft au f die „M itläu fer“. Das R ezept seines E rfolges v e rrie t er nicht: M an h a t schließlich auch seinen Stolz. Es w u rd e von seiten d er E rzieh er e r w ogen, ih n eine K lasse ü b ersp rin g en zu lassen — und er ü b ersp ran g tatsäch lich eine K lasse. A ber es w a r ü b erall das gleiche. Schon am e rste n T age in d er neu en K lasse w ollte e r alles ganz genau w issen, zum L eidw esen m ancher L ehrer. N un m achte m an es anders. So von h in ten h eru m versuchte m an ihn a b zusägen. Bei einer P rü fu n g , bei d er sich u n au ffällig E x p erte n in die K om m is sion geschlichen h atten , w ollte m an ihn reinlegen. Doch m it schlafw andleri scher S icherheit tr a t er neben die Fallen. E r w u rd e zum E h ren d o k to r säm t licher F a k u ltä te n ern a n n t. Schließlich a b e r w a r es doch zuviel! In w einseliger S tim m ung gab er sein G eheim nis preis: Sein V ater h a tte von einem in K onkurs g eraten en chemischen W erk die R estb e stän d e eines G eh irn n a h ru n g s-F a b rik ats billig au fg ek au ft u n d seinen einzigen Sohn d am it vollgestopft. D er Schüler w u rd e — la u t P ro sp e k t — klüger, ge lö ster und freier. U nd w en n er nicht g estorben ist, d an n le b t e r auch h eu te noch. M it G ew ißheit k a n n es nicht b eh a u p te t w erden; denn neulich fand m an an d er P egnitz seine N ickelbrille, einen Schuh u n d sein V okabelheft. . . . (Aus d er D üsseldorfer Schülerzeitung „lessin g p alette“)