Sonnenstraße 36: Unterschied zwischen den Versionen

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''Das waren also jene verruchten Räume, in denen bei unerhörtem Luxus und täglichen Strömen von Champagner die tollsten Feste gefeiert wurden. Die Speisenfolge bei den offiziellen Festen des Jahres war stets dieselbe und änderte sich auch bei anderen Gelegenheiten durchaus nicht. Bei Suppe, Fisch, Braten und Mehlspeise wurden Königs und Kaisers Geburtstag gefeiert. Dazu trank man ein Gläschen Bier und deutschen Sekt, ältere Semester leisteten sich wohl auch eine Flasche Rheinwein oder gar Bordeaux dazu. Französischen Champagner haben die Räume des Kasinos wohl niemals gesehen. Wiederum durch pekuniäre Opfer der aktiven Offiziere und zahlreiche Stiftungen der Reserve-Offiziere hatte sich allmählich ein recht hübscher Tafelschmuck angesammelt und die festlich gedeckte Tafel machte einen stattlichen Eindruck. Auch der große Saal wirkte alsdann festlich, die Regimentsmusik spielte, Epauletten und Orden funkelten und wohl nirgends klang das Hoch auf unseren Allergnädigsten König und auf den allerhöchsten Kriegsherrn begeisterter als bei uns. Tanzte dann etwa in vorgerückter Stunde der Herr Brigade-Kommandeur mit dem jüngsten Leutnant eine Quadrille oder schwang sich die ganze Tafelrunde im Walzer, wer konnte wohl daran etwas auszusetzen haben? Lahme Seelen und Duckmäuser waren wir allerdings nicht.''
''Das waren also jene verruchten Räume, in denen bei unerhörtem Luxus und täglichen Strömen von Champagner die tollsten Feste gefeiert wurden. Die Speisenfolge bei den offiziellen Festen des Jahres war stets dieselbe und änderte sich auch bei anderen Gelegenheiten durchaus nicht. Bei Suppe, Fisch, Braten und Mehlspeise wurden Königs und Kaisers Geburtstag gefeiert. Dazu trank man ein Gläschen Bier und deutschen Sekt, ältere Semester leisteten sich wohl auch eine Flasche Rheinwein oder gar Bordeaux dazu. Französischen Champagner haben die Räume des Kasinos wohl niemals gesehen. Wiederum durch pekuniäre Opfer der aktiven Offiziere und zahlreiche Stiftungen der Reserve-Offiziere hatte sich allmählich ein recht hübscher Tafelschmuck angesammelt und die festlich gedeckte Tafel machte einen stattlichen Eindruck. Auch der große Saal wirkte alsdann festlich, die Regimentsmusik spielte, Epauletten und Orden funkelten und wohl nirgends klang das Hoch auf unseren Allergnädigsten König und auf den allerhöchsten Kriegsherrn begeisterter als bei uns. Tanzte dann etwa in vorgerückter Stunde der Herr Brigade-Kommandeur mit dem jüngsten Leutnant eine Quadrille oder schwang sich die ganze Tafelrunde im Walzer, wer konnte wohl daran etwas auszusetzen haben? Lahme Seelen und Duckmäuser waren wir allerdings nicht.''


''Ein weiteres Festmahl sah der große Saal gelegentlich der Hubertusjagd. Nach fröhlicher Jagd sorgten dabei die roten Röcke und zahlreiche Gäste für harmlosen Frohsinn. Einige seltene Tanzvergnügungen brachten auch die Damen des Offizierskorps und der Garnison herbei, welche stets mit besonderem Vergnügen in unseren Räumen weilten, während die von Zeit zu Zeit von der Tischgesellschaft veranstalteten Gästetage den Offizieren Gelegenheit gaben, ihren gesellschaftlichen Dank zu erweisen und uns den Ruf einer schönen Gastlichkeit einbrachten.
''Ein weiteres Festmahl sah der große Saal gelegentlich der Hubertusjagd. Nach fröhlicher Jagd sorgten dabei die roten Röcke und zahlreiche Gäste für harmlosen Frohsinn. Einige seltene Tanzvergnügungen brachten auch die Damen des Offizierskorps und der Garnison herbei, welche stets mit besonderem Vergnügen in unseren Räumen weilten, während die von Zeit zu Zeit von der Tischgesellschaft veranstalteten Gästetage den Offizieren Gelegenheit gaben, ihren gesellschaftlichen Dank zu erweisen und uns den Ruf einer schönen Gastlichkeit einbrachten. Das persönlichste und von Generation zu Generation sich fortpflanzende Fest des Regiments aber war der Tag der Schutzheiligen aller Artilleristen, unserer guten Frau Barbara, der 4. Dezember. Natürlich war da auch dienstfrei und die Mannschaften bekamen ihren Schweinebraten mit Kartoffelsalat und Freibier, der Abend aber zog die Offiziere und viele auswärtige Gäste bis zum kommandierenden General und dem Herrn Regimentsinhaber ins Kasino. Im großen Saal war dann eine Bühne aufgeschlagen, davor sammelten sich an kleinen Tischen die Geladenen zu einem einfachen Abendbrot mit Bier und dann ging‘s los. Der Prolog wies in gebundener und humoristischer Rede auf die Bedeutung des Tages für junge und alte Artilleristen hin. Einmal ritt Frau Barbara selbst auf einem leibhaftigen Rößlein  in den Saal ein, man denke, im zweiten Stock! Dann folgten dichterische, musikalische und andere mit vielem Humor gewürzte Aufführungen in bunter Reihe, den ganzen Abend lang, nur bestritten von den Offizieren des Regiments, welche mit einer Hingabe plötzlich als Dichter und Komponisten, Zauberkünstler, Klaviervirtuosen, Schauspieler und Akrobaten auftraten, die nur echte Kameradschaft hervorbringen konnte. Von der künstlerischen Höhe des hier Gebotenen spricht ein von Hauptmann Schilling zu einer Barbarafeier komponierter Regimentsmarsch, der nicht nur bei unserem alten Regimente, sondern noch heute bei berittenen Truppen gerne gespielt wird.''
Das persönlichste und von Generation zu Generation sich fortpflanzende Fest des Regiments aber war der Tag der Schutzheiligen aller Artilleristen, unserer guten Frau Barbara, der 4. Dezember. Natürlich war da auch dienstfrei und die Mannschaften bekamen ihren Schweinebraten mit Kartoffelsalat und Freibier, der Abend aber zog die Offiziere und viele auswärtige Gäste bis zum kommandierenden General und dem Herrn Regimentsinhaber ins Kasino. Im großen Saal war dann eine Bühne aufgeschlagen, davor sammelten sich an kleinen Tischen die Geladenen zu einem einfachen Abendbrot mit Bier und dann ging‘s los. Der Prolog wies in gebundener und humoristischer Rede auf die Bedeutung des Tages für junge und alte Artilleristen hin. Einmal ritt Frau Barbara selbst auf einem leibhaftigen Rößlein  in den Saal ein, man denke, im zweiten Stock! Dann folgten dichterische, musikalische und andere mit vielem Humor gewürzte Aufführungen in bunter Reihe, den ganzen Abend lang, nur bestritten von den Offizieren des Regiments, welche mit einer Hingabe plötzlich als Dichter und Komponisten, Zauberkünstler, Klaviervirtuosen, Schauspieler und Akrobaten auftraten, die nur echte Kameradschaft hervorbringen konnte. Von der künstlerischen Höhe des hier Gebotenen spricht ein von Hauptmann Schilling zu einer Barbareifeier komponierter Regimentsmarsch, der nicht nur bei unserem alten Regimente, sondern noch heute bei berittenen Truppen gerne gespielt wird.''


''Wehen Herzens mußten die aus dem Felde zurückgekehrten Kameraden es sich über sich ergehen lassen, daß unter dem Druck der Verhältnisse die liebgewonnen Räume  verlassen werden mussten und ihr gemeinsamer Kasinobesitz, an den sich so viele Erinnerungen knüpften, in alle Winde zerstreut wurde.(…)''<ref>Die Geschichte des K. B. 6. Feldartillerie-Regiments Prinz Ferdinand von Bourbon Herzog von Calabrien, Friedensjahre Kapitel 8, Das Kasino, S. 32 ff.</ref>
''Wehen Herzens mußten die aus dem Felde zurückgekehrten Kameraden es sich über sich ergehen lassen, daß unter dem Druck der Verhältnisse die liebgewonnen Räume  verlassen werden mussten und ihr gemeinsamer Kasinobesitz, an den sich so viele Erinnerungen knüpften, in alle Winde zerstreut wurde.(…)''<ref>Die Geschichte des K. B. 6. Feldartillerie-Regiments Prinz Ferdinand von Bourbon Herzog von Calabrien, Friedensjahre Kapitel 8, Das Kasino, S. 32 ff.</ref>
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