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Nach Übergang der Gebäude 1917 an die Firma Bauernfreund, Konservenfabrik, diente das Industriegleis für den Transport von Schlachtvieh in die Stallungen und Schlachträume und für den Transport der Konserven „aller Art“. Die benachbarte Firma Arnold & Co., Karolinenstraße 104, stellte Obst- und Gemüsekonserven her sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Auch diese Firma benötigte das Industriegleis für den Transport der leeren Dosen ins Lager und die „Expedition“ der hergestellten Dosen mit den Konserven. | Nach Übergang der Gebäude 1917 an die Firma Bauernfreund, Konservenfabrik, diente das Industriegleis für den Transport von Schlachtvieh in die Stallungen und Schlachträume und für den Transport der Konserven „aller Art“. Die benachbarte Firma Arnold & Co., Karolinenstraße 104, stellte Obst- und Gemüsekonserven her sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Auch diese Firma benötigte das Industriegleis für den Transport der leeren Dosen ins Lager und die „Expedition“ der hergestellten Dosen mit den Konserven. | ||
Zwischennutzung als Kaserne | == Zwischennutzung als Kaserne == | ||
Die drei vorderen Gebäude an der Karolinenstraße wurden nach 1913 für militärische Zwecke umgebaut. Es entstanden Mannschaftsräume, Kantine, Speisesaal, Büros für Unteroffiziere und Wachstube. Die „Engelhardts-Kaserne“ wurde von der Garnison für Rekruten und Reserve-Infanterie aber nur für kurze Zeit genutzt, bis neue Bauten an der Sedanstraße (spätere Steubenstraße) ab 1916 zur Verfügung standen. August Bauernfreund, Besitzer der "Fabrik für Militärkonserven Nürnberg", schrieb am 20. März 1917 an die Stadt, "... dass ich das der Firma J. W. Engelhardt gehörige Fabriketablissement erworben habe ... und bitte deshalb gütigst veranlassen zu wollen, dass das z.Zt. in diesen Räumlichkeiten untergebrachte Militär, wenn möglich, in allernächster Zeit in anderen Räumlichkeiten untergebracht wird".<ref name="Karo106">Stadtarchiv Fürth, AGr. 5 / 1343: Niederlassung der Fabrik für Militär- und Obstkonserven, Inhaber August Bauernfreund, in der Engelhardt'schen Fabrik</ref> Tags darauf wandte sich Oberbürgermeister Dr. Wild an den Garnisonsältesten mit der Bitte um Verlegung des dort untergebrachten Ersatzbataillons des Reserve-Infanterie-Regiments No. 6, "da die Gültigkeit des Kaufvertrags von der Räumung der Fabrik bis längstens 15. Mai abhängt", und bot sogar an: "... und sind gerne bereit, falls die militärischen Gebäude und Räumlichkeiten trotz der günstigen Unterbringungsmöglichkeiten nicht ausreichen sollten, ein weiteres etwa notwendiges Schulhaus zur Verfügung zu stellen."<ref name="Karo106"/> Am 28. April kündigte Bauernfreund die Räumung durch das Militär bis zum 5. Mai an und drängte die Stadt zur Zusage auf eine weitere Voraussetzung für die Gültigkeit des Kaufvertrags, die Genehmigung der Schlachtung in der Fabrik sowie die Zusage von Gebührenermäßigungen - am 2. Mai 1917 fasste der Stadtmagistrat entsprechende Beschlüsse (die fortan noch Anlass für manche Streitigkeiten bringen sollten).<ref name="Karo106"/> | Die drei vorderen Gebäude an der Karolinenstraße wurden nach 1913 für militärische Zwecke umgebaut. Es entstanden Mannschaftsräume, Kantine, Speisesaal, Büros für Unteroffiziere und Wachstube. Die „Engelhardts-Kaserne“ wurde von der Garnison für Rekruten und Reserve-Infanterie aber nur für kurze Zeit genutzt, bis neue Bauten an der Sedanstraße (spätere Steubenstraße) ab 1916 zur Verfügung standen. August Bauernfreund, Besitzer der "Fabrik für Militärkonserven Nürnberg", schrieb am 20. März 1917 an die Stadt, "... dass ich das der Firma J. W. Engelhardt gehörige Fabriketablissement erworben habe ... und bitte deshalb gütigst veranlassen zu wollen, dass das z.Zt. in diesen Räumlichkeiten untergebrachte Militär, wenn möglich, in allernächster Zeit in anderen Räumlichkeiten untergebracht wird".<ref name="Karo106">Stadtarchiv Fürth, AGr. 5 / 1343: Niederlassung der Fabrik für Militär- und Obstkonserven, Inhaber August Bauernfreund, in der Engelhardt'schen Fabrik</ref> Tags darauf wandte sich Oberbürgermeister Dr. Wild an den Garnisonsältesten mit der Bitte um Verlegung des dort untergebrachten Ersatzbataillons des Reserve-Infanterie-Regiments No. 6, "da die Gültigkeit des Kaufvertrags von der Räumung der Fabrik bis längstens 15. Mai abhängt", und bot sogar an: "... und sind gerne bereit, falls die militärischen Gebäude und Räumlichkeiten trotz der günstigen Unterbringungsmöglichkeiten nicht ausreichen sollten, ein weiteres etwa notwendiges Schulhaus zur Verfügung zu stellen."<ref name="Karo106"/> Am 28. April kündigte Bauernfreund die Räumung durch das Militär bis zum 5. Mai an und drängte die Stadt zur Zusage auf eine weitere Voraussetzung für die Gültigkeit des Kaufvertrags, die Genehmigung der Schlachtung in der Fabrik sowie die Zusage von Gebührenermäßigungen - am 2. Mai 1917 fasste der Stadtmagistrat entsprechende Beschlüsse (die fortan noch Anlass für manche Streitigkeiten bringen sollten).<ref name="Karo106"/> | ||
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Auch hier wurde wieder ein Industriegleis benötigt; um das zu schlachtende Vieh hierher zu transportieren. Das Stallgebäude lag am Gleis. In den 20er Jahren warben die „Süddeutsche Lebensmittelwerke August Bauernfreund AG“, Karolinenstraße 106/108, als „modernst eingerichtete Spezialfabrik“ für ihre Konserven aller Art. Täglich wurden 200 Rinder und 500 Schweine verarbeitet und 50.000 Dosen hergestellt, hieß es 1919 stolz auf dem Briefkopf der Firma. | Auch hier wurde wieder ein Industriegleis benötigt; um das zu schlachtende Vieh hierher zu transportieren. Das Stallgebäude lag am Gleis. In den 20er Jahren warben die „Süddeutsche Lebensmittelwerke August Bauernfreund AG“, Karolinenstraße 106/108, als „modernst eingerichtete Spezialfabrik“ für ihre Konserven aller Art. Täglich wurden 200 Rinder und 500 Schweine verarbeitet und 50.000 Dosen hergestellt, hieß es 1919 stolz auf dem Briefkopf der Firma. | ||
Als Nachbar in der Karolinenstraße 104 etablierte sich ab 1923 die Firma E. Arnold & Co. für Obst- und Gemüsekonserven sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Die Inhaber Ludwig und Max Bauernfreund gerieten 1932 wegen der gemeinsamen Benutzung des Industriegleises in Streit mit den Inhabern der August Bauernfreund AG. Man einigte man sich schließlich nach Hinweis der Stadt auf den Privatrechtsweg. | Als Nachbar in der Karolinenstraße 104 etablierte sich ab 1923 die Firma E. Arnold & Co. für Obst- und Gemüsekonserven sowie Marmeladen und Fruchtsäfte. Die Inhaber Ludwig und Max Bauernfreund gerieten 1932 wegen der gemeinsamen Benutzung des Industriegleises in Streit mit den Inhabern der August Bauernfreund AG. Man einigte man sich schließlich nach Hinweis der Stadt auf den Privatrechtsweg. | ||
1935 bekamen die Süddeutsche Lebensmittelwerke mit 350 Beschäftigten eine „rein arische Führung“ mit den Direktoren Kaufmann Stefan Winter, Ratsherr der NSDAP, und dem Ökonomierat Brügel. | 1935 bekamen die Süddeutsche Lebensmittelwerke mit 350 Beschäftigten eine „rein arische Führung“ mit den Direktoren Kaufmann Stefan Winter, Ratsherr der NSDAP, und dem Ökonomierat Brügel. | ||
1939 errichtete man bei Arnold eine Lagerhalle und ein Dosenlager für leere Dosen „zur schnellen Expedition der hergestellten Dosen mit den Konserven“. Die Firma sei „als lebenswichtiger Betrieb anerkannt worden, sie liefern in großem Umfang für Militärbehörden, Arbeitsdienst usw.“. | 1939 errichtete man bei Arnold eine Lagerhalle und ein Dosenlager für leere Dosen „zur schnellen Expedition der hergestellten Dosen mit den Konserven“. Die Firma sei „als lebenswichtiger Betrieb anerkannt worden, sie liefern in großem Umfang für Militärbehörden, Arbeitsdienst usw.“. | ||
Bei dem verheerenden Fliegerangriff am 21. Februar 1945 wurden die Anlagen zerstört bis auf die Umfassungsmauern. Aus den Aufzeichnungen des Standesamts Fürth und dem Chronikschreiber Gottlieb Wunschel sei zitiert: Am 20/21. Februar 1945 wurden die zwei Betriebe von Lebensmittel-Herstellern in der Karolinenstraße vernichtet (Nr. 104/106 und Nr. 108). Die Bilanz: 86 Tote einschließlich der an den Folgen Verstorbenen. In den Konservenfabriken kamen die Menschen in den einstürzenden Bauten um durch „Zertrümmerung, Verschüttung, Erstickung“, darunter Kriegsgefangene und Ostarbeiter/innen mit russischer, kroatischer, französischer, belgischer und italienischer Nationalität. | Bei dem verheerenden Fliegerangriff am 21. Februar 1945 wurden die Anlagen zerstört bis auf die Umfassungsmauern. Aus den Aufzeichnungen des Standesamts Fürth und dem Chronikschreiber Gottlieb Wunschel sei zitiert: Am 20/21. Februar 1945 wurden die zwei Betriebe von Lebensmittel-Herstellern in der Karolinenstraße vernichtet (Nr. 104/106 und Nr. 108). Die Bilanz: 86 Tote einschließlich der an den Folgen Verstorbenen. In den Konservenfabriken kamen die Menschen in den einstürzenden Bauten um durch „Zertrümmerung, Verschüttung, Erstickung“, darunter Kriegsgefangene und Ostarbeiter/innen mit russischer, kroatischer, französischer, belgischer und italienischer Nationalität. | ||
Ab Dezember 1945 als „lebenswichtige Betrieb“ wieder aufgebaut; 1947/48 Instandsetzung der Werkshallen, Maschinensaal, Marmeladenküche, Dosenlager. 1951 wurde der Betrieb wegen schlechten Geschäftsgangs in der Konservenindustrie eingestellt. | Ab Dezember 1945 als „lebenswichtige Betrieb“ wieder aufgebaut; 1947/48 Instandsetzung der Werkshallen, Maschinensaal, Marmeladenküche, Dosenlager. 1951 wurde der Betrieb wegen schlechten Geschäftsgangs in der Konservenindustrie eingestellt. | ||
== Luftangriff Februar 1945 == | |||
Das Gebäude Karolinenstraße 106 wurde beim Luftangriff der Alliierten vom 20. auf den [[21. Februar]] [[1945]] vollständig zerstört. In dem Gebäude befand sich ein Gewerberunternehmen der Fa. Evenord-Nbg zur Fleischverarbeitung. Zur Zeit des Luftangriffes waren nicht nur sog. Reichsangehörige und Ostarbeiterinnen anwesend, sondern auch Kriegsgefangene und betriebsfremde Personen. Folgende Personen wurden nach dem Luftangriff vermisst bzw. für tot erklärt: | Das Gebäude Karolinenstraße 106 wurde beim Luftangriff der Alliierten vom 20. auf den [[21. Februar]] [[1945]] vollständig zerstört. In dem Gebäude befand sich ein Gewerberunternehmen der Fa. Evenord-Nbg zur Fleischverarbeitung. Zur Zeit des Luftangriffes waren nicht nur sog. Reichsangehörige und Ostarbeiterinnen anwesend, sondern auch Kriegsgefangene und betriebsfremde Personen. Folgende Personen wurden nach dem Luftangriff vermisst bzw. für tot erklärt: | ||