Stadeln: Unterschied zwischen den Versionen

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[[1876]] erhielt Stadeln auch einen Bahnhof an der [[Bahnstrecke Nürnberg-Bamberg]]. Anlässlich der Einweihung erhielt diese Station allerdings den Namen '[[Bahnhof Vach]]' mit der Begründung, dass dieser Ort Industrie hätte, das Dorf Stadeln dagegen nur eine landwirtschaftlich ausgerichtete Produktion. Spätestens mit der Ansiedlung der [[Dynamit-Nobel|Rheinisch-Westfälischen Sprengstoff AG (RWS)]] im Jahr * [[1896]] änderte sich dies jedoch. Wegen der großen Explosionsgefahr bestanden in der Bevölkerung zwar zunächst erhebliche Vorbehalte gegen diesen Betrieb. Die "''Pulver''", wie er umgangssprachlich genannt wurde, hatte später aber über 1.000 Mitarbeiter, [[1917]] waren es kurzzeitig sogar 3.000, und war damit einer der größten Arbeitgeber in Stadeln. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das erste Feuerwehrhaus Stadelns am Fischerberg gebaut.
[[1876]] erhielt Stadeln auch einen Bahnhof an der [[Bahnstrecke Nürnberg-Bamberg]]. Anlässlich der Einweihung erhielt diese Station allerdings den Namen '[[Bahnhof Vach]]' mit der Begründung, dass dieser Ort Industrie hätte, das Dorf Stadeln dagegen nur eine landwirtschaftlich ausgerichtete Produktion. Spätestens mit der Ansiedlung der [[Dynamit-Nobel|Rheinisch-Westfälischen Sprengstoff AG (RWS)]] im Jahr * [[1896]] änderte sich dies jedoch. Wegen der großen Explosionsgefahr bestanden in der Bevölkerung zwar zunächst erhebliche Vorbehalte gegen diesen Betrieb. Die "''Pulver''", wie er umgangssprachlich genannt wurde, hatte später aber über 1.000 Mitarbeiter, [[1917]] waren es kurzzeitig sogar 3.000, und war damit einer der größten Arbeitgeber in Stadeln. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das erste Feuerwehrhaus Stadelns am Fischerberg gebaut.
=== Das Vermittlungsamt der Gemeinde im 19. Jahrhundert ===
Wie die Landgemeinde Stadeln gewerbliche und häusliche Streitigkeiten regelte. Aus einem Vermittlungsbuch von 1862 bis 1918.
Vorbemerkung
Auf dem Titelblatt des Heftes im Oktavformat (32 cm hoch, 20 cm breit) steht: „Vermittlungsbuch“.
Auf der ersten Seite heißt es dann: Der Gemeindeausschuss hat bei gewerblichen Streitigkeiten gemäß Art. 120 a Abs. 2 der Reichsgewerbeordnung Entscheidungen zu treffen und beglaubigte Abschrift des über die Verhandlung aufgenommenen Protokolls dem Beschwerdeführer zu übergeben.
Das Heft umfasst 104 Einträge, beginnend im Mai 1862. Es endet mit dem letzten Eintrag vom 10. Oktober 1918.
In 8 Spalten werden aufgeführt: Lfd. Nr. / Tag des Vorfalls, Datum der Vermittlung / Name des Klägers / Name des Beklagten / Gegenstand der Klage / Art und Weise der Erledigung / Beamter, welcher den Sühneversuch geleitet hat / Unterschrift.
Dieses Heft stellt ein zeitgeschichtliches Dokument dar, weil es die harten Lebensumstände der damaligen Zeit aufzeigt. Und wie man mit Streitigkeiten umgegangen ist durch die gemeindliche Maßnahme der Vermittlung, ohne die Gerichte bemühen zu müssen. Das gelang aber nicht immer.
Im Jahr 1862:
Der erste Eintrag handelt von einem Knecht, der seinen Dienst beim Bauern vor Ablauf der bedungenen Dienstzeit verließ, worüber vermittelt wurde (8.5.1862). Auch die Magd hatte sich aus dem gleichen Grund beschwert und es wurde mit ihr verhandelt (9.5.1862).
Ein Köbler beklagte sich über einen Schreinermeister (Nachbar), der seine Henne in seinem Garten totgeschlagen hatte (20.6.1862).
Über ihren Ehegatten beklagte sich eine Taglöhnerin wegen Misshandlung und Zerstörung von Mobiliar (3.7.1862).
Am 18.7. folgte der Fall einer „unbefugten Schweinefütterung“; ein Schreinermeister wurde von einem Wagenmeister deswegen beschuldigt.
Ehefrau und Sohn beklagten sich über den Mann bzw. Vater (ein Taglöhner) wegen Misshandlung und Mobiliar-Zertrümmerung (27.7.1862).
Ein Wagenmacher hatte seine Schwägerin misshandelt, auch die Tochter des Klägers und er zertrümmerte den Ofen und mehrere Mobilien (28.7.1862).
Eine Ehefrau beklagte sich über ihren Mann wegen mehrmaliger Misshandlung. Sie wurde mit einem Attest über den gescheiterten Sühneversuch entlassen (4.8.1862).
Dann wurde verhandelt wegen „Hausfriedensbruch“, „Misshandlung“ und „Feldfrevel“; auch wegen „Injurien“ [= Beleidigungen] und einer „üblen Nachrede“.
Im Fall eines Altsitzer mit einem Bauern verhandelte man wegen Hausfriedensbruchs am 7.12.1862.
Im Jahr 1863:
Wegen einer Forderung trafen sich am 5.2. ein Maurergeselle mit dem beklagten Tabakspinner. Darum ging es auch am 30. März bei einem Gastwirt gegen einen Taglöhner.
Ein Köbler setzte sich mit einem Zimmergesellen wegen Hofteilung am 10. April auseinander.
Ein Gastwirt sprach wegen einer Forderung gegenüber einem Taglöhner vor. Wegen einer Hofteilung konnten sich ein Zimmergeselle und ein Köbler nicht einigen (10.4.1863).
Am 12. Juli trafen sich die Ehegatten eines Getreideunterhändlers wegen Misshandlung.
Am 20. Juli klagte eine Maurergesellen-Frau gegenüber einer anderen wegen Forderung.
Die Frau eines Tüncher-Gesellen klagte gegen einen Malermeister am 20. August wegen „Injurien“. Das war auch der Fall bei einem Getreideunterhändler gegenüber durch eine Frau aus Mannhof.
Ein Viehunterhändler wurde von einem Büttnermeister beklagt; der Grund „gekaufte Schweine stehen gelassen“. In diesem Fall konnte vermittelt werden.
Eine Dienstkraft klagte gegen einen Altsitzer wegen Injurien am 23. Oktober. Auch hier wurde vermittelt.
Drei Fälle von Feldfrevel standen im Oktober und November 1863 zur Klärung an.
Zur Klärung einer Schimpfrede unter zwei Frauen trafen sich diese am 26.11.1863.
Weitere Klärungen betrafen „Vorenthaltung des Lohnes“ und „Störung des Hausfriedens“ unter Eheleuten (Dez. 1863). Auch „Injurien“ mussten wieder geschlichtet bzw. eine Versöhnung zwischen den Streithähnen vereinbart werden.
1864 ging es weiter mit Fällen von unbeglichenen Forderungen, Misshandlungen; Dienstknechte verweigerten den Dienst und gingen. Schließlich kamen im Juni noch eine Ehescheidungs-Sache und wieder „Injurien“, also Beleidigungen durch Worte oder Schläge.
1870 wurden die Eintragungen fortgesetzt:
Bei einer Familie Muggenhöfer musste wegen Wegnahme einer Halm-Bank geschlichtet werden.
Wegen Hausfriedensstörung und Misshandlung trafen sich beim Vermittler Eheleute.
Die Mietzinsbezahlung war Anlass zu einer Klärung am 1. Mai und 9. Mai. Es folgten Fälle von Dienstentlassung und Vorenthaltung des Lohnes.
Ab September 1870 wird Bürgermeister Ulrich genannt als Verhandlungsführer für die Sühneversuche:
Am 13.12. versöhnten sich Bauer und Dienstmagd wegen deren „Ungehorsam“.
Der Fischer Muggenhöfer und der Unterhändler K. wurden zur Klärung an das Landgericht Fürth verwiesen. In gleicher Weise wurde bei Zinsenforderung im Fall der Witwe Margarete M. verfahren.
1871: Im Fall Altsitzer Konrad Fein und Dienstknecht Georg Fein wurden die Parteien einig, indem der Kläger Georg F. befriedigt wurde (7.2.).
Am 10.2. ging es um einen Hausfriedensbruch: Die Taglöhnerin Kunigunda E. gab sich zufrieden, nachdem ihr Sohn, ein Dienstknecht, sie um Verzeihung bat.
Um eine Hofverunreinigung ging es am 31.3.1871. Der Beklagte Schneider Georg K. „befriedigte den Kläger“, nämlich Konrad B., ein Zimmergeselle.
Am 24. Mai vermittelte der Bürgermeister zwischen einem Bauern in Stadeln und einem Fischer aus Vach. Sie einigten sich dahin, indem der beklagte Bauer die Bewässerung von 7 auf 6 Tagen beansprucht, d. h. verringert.
1872: Der Fall der Verweigerung des Lohnes an eine Dienstmagd durch den Bauern Georg R. wurde die Sache der Distriktsbehörde zugewiesen (2.3.).
Beim Vorbringen der Ehefrau eines Handelsmannes wegen Verleumdung konnte durch Abbitte vermittelt werden (15.3.).
Am 1. Mai 1872 hat der beklagte Bauer Wolfgang M. dem Wunsch des Klägers aus Vach entsprochen und den Viehhüten-Graben ausgefüllt.
Ein Handelsmann klagte am 10. Mai gegen einen Maurer wegen Mietzins; sie wurden an die Gerichte verwiesen, da der Sühneversuch fruchtlos blieb (Eintrag des Bürgermeisters Heinrich Ulrich).
Gleiches folgte wegen Zinsforderung einer Bauernwitwe gegenüber einer Altsitzerin.
Im September 1872 dann mal ein Erfolg: Im Fall einer Lohnenthaltung wurden die Parteien einig.
Auch im Fall einer Dienstentlassung im November ist die klagende Dienstmagd vom Bauern zufrieden gestellt worden.
Wegen Diebstahl konnte man sich im Dezember 1872 einigen: die beklagte Gastwirtin gab den gefundenen Gegenstand zurück.
1873: Wegen Zinsforderung einer Bauernwitwe gegenüber einem Bauernsohn kam man nicht überein, so dass die Streitenden an das Landgericht zur Entscheidung verwiesen wurden.
Wegen Misshandlung des Ehemannes Wolfgang M. durch die Bauernfrau Kunigunda M. „wurde soweit vermittelt, dass die Ehefrau, welche das Haus verlassen hatte in dasselbe zurückkehrte und der Ehemann versprach, seiner Frau nicht mehr misshandeln zu wollen“ (28.3.).
Beim Streit wegen einer Geldforderung wurde vermittelt dadurch, dass der Kläger mit der Hälfte der Forderung sich begnügte (18.6.).
Am 6.8. beklagt sich eine Gütlerswitwe Katharina Fischer über den Ökonomen Wolfgang M. wegen unordentlichen Vieh… [unleserlich]. In Spalte „Art und Weise der Erledigung der Klage“ heißt es: Fischer zahlte 15 x [Kreuzer] Entschädigung an M., womit die Sache erledigt war“.
Wegen Ehrenbeleidigung klagte der Ökonom Georg Kern gegen den Ökonomen und Bürgermeister Konrad Ulrich und den Ökonomen Georg Friedrich Ulrich. Der Vermittlungsbeamte erzielte kein günstiges Resultat und der Kläger hat infolgedessen sein vermeintliches Recht bei Gericht zu suchen (lautete der Eintrag, den alle Drei am 26.11.1883 unterschrieben).
Am 5. Juli 1884 die gleiche Sache: Romming, Johann, Ökonom von Mannhof, gegen Schultheiß, Johann, Ökonom von Mannhof. Es unterschrieben beide und Bürgermeister Ulrich. (Man sieht, die Fronten sind verhärtet!)
Am 9. Juli kommen die Beiden (Kläger und Beklagter) überein, dass der Beklagte die bisher erwachsenen Kosten übernimmt (Unterschriften: Romming, Schultheiß, Stephan Romming, Ulrich, Bürgermeister).
Am 17. September treffen sich Johann Oeser, Chirurg in Vach, und Konrad Fleischmann, Maurerpolier von Stadeln. In der Spalte „Art und Weise der Erledigung der Klage“ heißt es: „Das Vermittlungsamt erzielte kein günstiges Resultat und der Kläger hat infolgedessen sein vermeintliches Recht bei Gericht zu suchen.“ Beide unterschreiben und auch Bürgermeister Ulrich.


=== Das 20. Jahrhundert ===
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